Außergerichtliche Einigung: Der Vergleich im Schuld- und Verkehrsrecht

Von Julia Schäfer 28 September, 2023
4 minutes
Außergerichtliche Einigung

Schnell ist es passiert: Ein Unfall im Straßenverkehr. Neben der Autoreparatur erwarten dich dann auch gewisse bürokratische Hürden. Um dem Papierkram und dem hohen Zeitaufwand zu entgehen, kannst du dich mit den Unfallbeteiligten oft einigen, ohne die Versicherung einzuschalten.

Doch egal ob mit oder ohne Meldung an die Versicherung: Nicht immer sind sich beide Unfall-Parteien sofort einig. Insbesondere bei ungeklärter Schuldfrage landen viele Verkehrsunfälle im schlimmsten Fall vor Gericht. Eine bewährte Methode, um sich die Kosten eines Gerichtsprozesses zu sparen und eine für beide Seiten akzeptable Lösung zu finden, ist die außergerichtliche Einigung.

In diesem Beitrag erfährst du alles Wissenswerte zum außergerichtlichen Vergleich. Gleichzeitig zeigen wir dir, worauf es bei einer privaten Schadensregulierung beim Kfz ankommt.

1) Außergerichtliche Einigung im Schuldrecht: Was versteht man unter einem außergerichtlichen Vergleich?

Ein außergerichtlicher Vergleich ist eine Möglichkeit, sich ohne gerichtliches Verfahren zu entschulden. Das heißt, dass sich der  oder die Gläubiger:in und der oder die Schuldner:in außergerichtlich einigen. Dieses Vorgehen bringt eine Reihe an Vorteilen mit sich. Beispielsweise ist es auf diese Weise oft möglich, eine drohende Insolvenz zu verhindern. Auch lässt sich so häufiger ein Kompromiss finden, mit dem beide Seiten zufrieden sind.

Beim Einigungsversuch verhandelt ihr eine einmalige Summe oder auch eine Zahlung in Raten. Für diese Verhandlungen kannst du dir professionelle Hilfe holen. Schuldnerberatungsstellen oder Rechtsanwaltskanzleien beraten und unterstützen dich bei außergerichtlichen Einigungen. Für die oft langwierigen Vergleichsverhandlungen kennen sie gute Tipps, um eine Einigung zu deinen Gunsten auszuhandeln.

Voraussetzungen für eine außergerichtliche Einigung

Allerdings ist es nicht in allen Streitfällen möglich, eine außergerichtliche Einigung zu treffen. Denn hierfür müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Bei einer Entschädigung  musst du die Summe entweder auf einmal oder in Raten zahlen. Das heißt, du musst den Betrag entweder sofort begleichen oder zumindest regelmäßige Raten zahlen können. Hast du nur ein geringes Gehalt, würde das Abzahlen der Schulden so mehrere Jahre dauern. Daher gestaltet sich eine außergerichtliche Einigung hier schwierig.
  • Auch wenn die Forderungen bei verschiedenen Gläubiger:innen bestehen, ist eine außergerichtliche Einigung unwahrscheinlich. In beiden Fällen müssten Gläubiger:innen nämlich relativ lange auf ihr Geld warten.

Gerade nach einem Verkehrsunfall ist es meist auch gar nicht nötig, bis vor Gericht zu gehen. Denn egal ob du den Unfall selbst verschuldet hast, du eine Teilschuld oder Mitschuld trägst: Aufgrund der bestehenden Versicherungspflicht werden Schäden an fremden Fahrzeugen in Deutschland in der Regel von der Kfz-Haftpflichtversicherung übernommen. Es kommt im Schadenfall also entweder deine oder die gegnerische Kfz-Versicherung für den entstandenen Schaden auf.

Tipp: Wenn du auf Nummer sichergehen willst, kannst du ergänzend auch eine Kfz-Vollkaskoversicherung abschließen. Diese übernimmt bei einem Unfall auch deine Kosten für die Schäden an deinem eigenen Auto.

Ablauf einer außergerichtlichen Einigung

Eine außergerichtliche Einigung beginnt mit dem Auflisten der kompletten Schuldsummen und allen Gläubiger:innen. Danach gilt es zu prüfen, welche Möglichkeiten der Rückzahlung sinnvoll sind und für dich überhaupt infrage kommen. Hierfür solltest du mehrere Aspekte berücksichtigen. Dazu gehören beispielsweise die Dauer der Rückzahlung und der mögliche Höchstbetrag für die einzelnen Raten. Daraus entsteht ein erster Plan, der den Gläubiger:n präsentiert wird. Meist einigen sich beide Parteien nicht sofort, sodass es zu Nachverhandlungen kommt. Bei einer Einigung wird ein schriftlicher Vertrag über die Vereinbarungen geschlossen. Sowohl Schuldner:in und Gläubiger:in müssen sich an diese außergerichtliche Einigung halten. Nach Ablauf der vereinbarten Zeit ist die Summe vollständig getilgt. Es bestehen dann somit keine Forderungen mehr gegen die schuldende Person. Ist keine Einigung möglich, gilt der außergerichtliche Vergleich als gescheitert.

Vergleiche können sich nicht nur vor Gericht lohnen. Auch bei Versicherungen lohnt es sich immer, vorab mehrere zu vergleichen und die beste zu wählen. Informiere dich deshalb jetzt über unsere Gegenstandsversicherung:

Vorteile einer außergerichtlichen Einigung

Ein Vorteil einer außergerichtlichen Einigung ist die Möglichkeit, eine drohende Insolvenz zu verhindern. Dadurch behält der Schuldner:in ein Stück finanzielle Freiheit. Er oder sie kann somit weiterhin frei über das Geld verfügen. Es gibt keine Kontrolle durch die Insolvenzverwaltung. Außerdem wird bei einer außergerichtlichen Einigung meist ein Großteil der Schuldsumme erlassen. Abgesehen davon ist mit dem Zahlen der letzten Rate die komplette Schuld beglichen, was Schuldenfreiheit bedeutet. Darüber hinaus sparen sich beide Seiten die Kosten und den Aufwand eines Gerichtsprozesses. Hinzu kommt, dass es so oft möglich ist, eine Lösung zu finden, die allen Parteien entgegenkommt.

Gesamtverband der deutschen Versicherungswirtschaft,Zwei Personen geben sich einen Handschlag

2) Private Schadensregulierung: Das Einigungsprotokoll nach einem Verkehrsunfall

Ein Verkehrsunfall erzeugt natürlich Stress. Achte aber darauf, nicht vorschnell zu handeln und unüberlegte Eingeständnisse zu machen. Unterzeichne nie ohne Prüfung ein Schuldeingeständnis und verzichte im umgekehrten Fall auch nicht unüberlegt auf Schadensersatzansprüche. Der Unfallverursacher:in entgeht durch eine private Einigung außerdem einer Höherstufung in den Schadenfreiheitsklassen.

Wann macht es Sinn, einen Kfz-Schaden selbst zu regulieren?

Wünschen sich beide Parteien eine Einigung ohne Versicherung, kommt ein so genanntes Einigungsprotokoll zum Einsatz. Vor allem bei kleinen Bagatellschäden am Auto bedeutet eine solche schriftliche Vereinbarung Zeitersparnis und einen geringeren Aufwand. Dafür muss die Schuldfrage aber natürlich eindeutig geklärt sein. Außerdem sollte sich die Höhe des Schadens klar beziffern lassen.

Wann solltest du den Unfallschaden der Versicherung melden?

Ist die Schadenssumme nicht eindeutig, ist es meist besser, die Versicherung einzuschalten. In diesem Fall solltest du von einem privaten Einigungsprotokoll also besser absehen. Ähnlich verhält es sich bei mehr als zwei Unfallparteien. Auch wenn es zu Folgeschäden kommen kann, ist eine private Einigung nicht die beste Option. Das Gleiche gilt auch, wenn die Tragweite des Schadens nicht ersichtlich ist.

Generell gilt, dass du kein Einigungsprotokoll unterschreiben solltest, wenn du daran zweifelst oder Bedenken hast!

Was sollte im Einigungsprotokoll enthalten sein?

Prinzipiell kannst du das außergerichtliche Einigungsprotokoll frei gestalten. Gewisse Punkte müssen aber im Protokoll über den Unfall enthalten sein, damit das Schriftstück gültig ist. Dazu gehören folgende Daten und Informationen:

  • Namen von allen Unfallbeteiligten
  • Namen der Halter:in der beteiligten Fahrzeuge
  • Adressen aller Unfallbeteiligten
  • Fahrzeugtyp, inkl. Kfz-Kennzeichen und Identität des Fahrzeugherstellers
  • Hinweise zu den Zahlungsformalitäten, wie beispielsweise zur Anzahl der Raten
  • Art der Zahlung, wie zum Beispiel Überweisung oder Barzahlung
  • Unterschrift von allen Beteiligten
  • Ausschluss von weiteren Ansprüchen
  • Datum

Fazit: Wann macht es Sinn, einen Verkehrsschaden ohne Versicherung zu regeln?

Bei kleineren Sachschäden kann eine außergerichtliche Einigung die Angelegenheit schnell und unkompliziert aus der Welt räumen. Im Falle eines Verkehrsunfalls hast du ebenfalls die Möglichkeit, den Schaden privat mittels eines Einigungsprotokolls zu regulieren. Ein Einschalten der Versicherung ist dann nicht erforderlich. Du solltest aber aufpassen: Wenn die vereinbarte Abschlagszahlung die tatsächliche Schadenssumme nicht abdeckt, ist ein nachträgliches Anfechten des Einigungsprotokolls schwierig.

Weitere Informationen zum Thema Kfz und Versicherung findest du auch in unseren anderen Beiträgen:

Bildnachweise:
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