Höhere Gewalt: Was bedeutet das?

Von Erik Lehnert 28 Juni, 2023
4 minutes
Höhere Gewalt

Liest du dir das Kleingedruckte etwa einer Sachversicherung genau durch, wirst du da auf einen seltsamen Begriff stoßen. Oft ist da nämlich von „Höherer Gewalt“ die Rede. Aber was ist höhere Gewalt eigentlich, was fällt darunter und was bedeutet das für deinen Versicherungsvertrag? Wir erklären es dir im folgenden Beitrag. 

Definition: Was ist höhere Gewalt?

Das deutsche Recht erläutert nicht exakt, was unter „höherer Gewalt“ genau zu verstehen ist. Laut dem Bundesgerichtshof handelt es sich dabei um ein „von außen kommendes, keinen betrieblichen Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis“ (BGH, Urt. v. 16.05.2017, Az. X ZR 142/15).

Das heißt also, wenn jemand etwas auf „höhere Gewalt“ schiebt, muss ein von außen kommendes, unabwendbares und von den Betroffenen nicht zu vertretendes Ereignis stattgefunden haben. Etwas, das man beim besten Willen nicht voraussehen konnte. Und auf das man keinen direkten Einfluss hatte.

Dabei kann höhere Gewalt in Zusammenhang mit Naturereignissen auftreten, wie beispielsweise Erdbeben, Vulkanausbrüche oder Lawinen. 

Auch Extremwetterlagen wie Stürme, Starkregen, Hochwasser oder Gewitter können in dem Zusammenhang für den Versicherungsschutz eine wichtige Rolle spielen. 

Ebenso kann eine Verkettung unglücklicher Umstände als höhere Gewalt gelten. Beispiele hierfür sind hier Epidemien und Pandemien oder Atomunfälle.

Und dann gibt es auch noch Fälle von höherer Gewalt, die durch menschliche Handlungen verursacht werden. Trotzdem haben auch dabei die Betroffenen keine Einflussmöglichkeiten. Dazu können beispielsweise Kriege und Unruhen, Revolutionen und Aufstände, Streiks, Sabotageakte und Terrorismus gehören.

Die Auswirkungen von höherer Gewalt können von Einzelpersonen bis hin zu ganzen Bevölkerungsgruppen reichen. Unter Umständen umfassen sie Gesundheitsgefahren, Beeinträchtigungen oder den Ausfall der Infrastruktur, die Unterbrechung von Lieferketten, Zerstörung von Wohnraum und vieles mehr. 

Wenn es auf privater oder geschäftlicher Ebene zu Ausfällen kommt, spricht man hingegen nicht von höherer Gewalt. Beruft sich also jemand etwa auf familiäre Notfälle, Zahlungsunfähigkeiten oder defekte Maschinen (siehe auch das Thema Maschinenversicherung, bleibt die Verantwortung dennoch bei der Person. 

Was deckt die allgemeine Haftpflichtversicherung bei höherer Gewalt ab?

Die Haftpflicht übernimmt generell die Schäden, die als Folge höherer Gewalt resultierten und dabei das Eigentum anderer Personen beschädigt oder zerstört haben. Schäden an den eigenen Gegenständen, wie etwa am Fahrzeug, zählen nicht dazu. Wichtig ist, wie hoch die Selbstbeteiligung im Vertrag ausfällt. Diesen Anteil zieht die Versicherung von der Leistung ab, wenn Schäden durch höhere Gewalt entstehen.

Die Rechtslage in Deutschland

Höhere Gewalt kann bei internationalen Verträgen nur dann zur Geltung kommen, wenn der Vertrag deutschem Recht unterliegt. Dann aber – und das gilt natürlich auch für deutsche Verträge – greifen die gesetzlichen Bestimmungen zur sogenannten Unmöglichkeit der Leistung. Dabei kann laut § 275 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) „der Schuldner oder jedermann den geschuldeten Leistungserfolg nicht erbringen“.

Kurz gesagt: Liegt höhere Gewalt vor, kann die Versicherung eine vertraglich geregelte Leistung verweigern. 

Ein Schuldner ist dann also von seiner Pflicht befreit, die geschuldete Leistung zu erbringen, wenn das unmöglich ist – selbst, wenn er wollte. Dafür aber muss natürlich auch der Gläubiger seiner Pflicht zum Beispiel etwas zu zahlen, nicht mehr nachkommen.

In manchen Verträgen oder Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) sind Klauseln beziehungsweise Regelungen festgelegt, die solche Fälle behandeln. Da können sich die Parteien dann zum Beispiel auf Liefer- und Einkaufsbedingungen einigen, die die rechtlichen Konsequenzen bei „höherer Gewalt“ definieren.

Bildnachweise: Headerbild ©AdobeStock_593459222_SERGEI

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