Nötigung im Straßenverkehr: Definition, Strafen und Folgen

Von Linda 19 Oktober, 2023
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nötigung straßenverkehr

Du hast es eilig – und gerade jetzt ein unglaublich langsames Fahrzeug vor dir? Bleibe dennoch geduldig. Denn dichtes Auffahren oder das Betätigen der Lichthupe können dir als Nötigung ausgelegt werden. Und Nötigung im Straßenverkehr ist kein Kavaliersdelikt! Andersherum gilt aber genauso: Du darfst auch nicht absichtlich jemanden durch ein unnötig geringes Tempo ausbremsen.

Alles zum Thema Nötigung im Straßenverkehr erfährst du in diesem Beitrag.

Definition: Was ist Nötigung im Straßenverkehr?

Aber was genau ist eine Nötigung im Straßenverkehr? Eine Definition findest du weder Straßenverkehrsgesetz noch im neuen Bußgeldkatalog 2023. Vielmehr handelt es sich bei einer Nötigung um einen Straftatbestand, der im § 240 Strafgesetzbuch (StGB) geregelt ist: Eine Nötigung liegt vor, wenn eine Person durch Anwendung von Gewalt oder Drohung eine andere Person dazu zwingt, etwas zu tun oder zu unterlassen.

Gewalt oder Bedrohung müssen dabei nicht körperlicher Natur sein. Der Tatbestand der Nötigung ist auch erfüllt, wenn du andere Verkehrsteilnehmer oder Verkehrsteilnehmerinnen zum Spurwechsel zwingst. Beispielsweise durch Drängeln. Oder wenn du hoffst, dass diese die Spur wechseln werden. Denn bereits der Versuch ist strafbar. Ob das Fahrzeug vor dir wirklich die Spur wechselt, spielt dabei keine Rolle.

Straftat oder Ordnungswidrigkeit?

Nötigung ist also eine Straftat. Jedoch ist nicht jedes Unterschreiten des Sicherheitsabstands oder Hupen automatisch eine Nötigung. So darfst du laut § 16 der Straßenverkehrsordnung zur Ankündigung eines Überholvorgangs kurz die Hupe oder Lichthupe benutzen. Selbst dichtes Auffahren gilt zunächst einmal als Ordnungswidrigkeit.

Entscheidend ist hier auch, ob du die andere Person mit deinem Verhalten in Angst versetzt hast. Er oder sie muss sich subjektiv der eigenen Entscheidungsfreiheit beraubt sehen. Dein Gegenüber ärgert sich einfach nur über dein Verhalten und wechselt daraufhin die Spur? Dann hast du in der Regel keine Anklage zu befürchten.

Fassen wir also zusammen:

Hinweis: Du hast einen Strafzettel erhalten? Alles Wissenswerte zum „Knöllchen“ erfährst du hier.

  • Straftaten müssen hingegen verfolgt werden. Die Folgen reichen von Bußgeldern bis hin zu Haftstrafen. Über die Höhe der Strafe entscheiden Richter:innen. Du erhältst zudem einen Eintrag in dein polizeiliches Führungszeugnis.

Übrigens: Beschimpfst du ander:e Fahrer:in verbal oder durch Handzeichen, ist das eine Beleidigung (§ 185 StGB). Eine schwere Beleidigung liegt vor, wenn du die andere Person durch Unwahrheiten diskreditierst.

Lichthupe und Co: Beispiele für eine Nötigung im Straßenverkehr

Eine Nötigung im Straßenverkehr hängt also auch von der Intensität deines Verhaltens ab. Hier einige Beispiele zur Veranschaulichung:

  • Du fährst zu dicht auf. Dann bleibst du für einen längeren Zeitraum an der Stoßstange des vorderen Fahrzeugs „kleben“.
  • Du bremst grundlos ab und beschleunigst wieder, anstatt eine gleichbleibende Geschwindigkeit zu halten.
  • Du bleibst auf der Autobahn trotz freier rechter Fahrbahn beharrlich auf der Überholspur.
  • Du betätigst deine Lichthupe unverhältnismäßig oft und bedrängst so den oder die Fahrer:in des vorausfahrenden Fahrzeugs. In minderen Fällen gilt ihr Missbrauch als Ordnungswidrigkeit. Als Warnung ist die Betätigung der Lichthupe jedoch erlaubt.
  • Du parkst jemanden zu, sodass er oder sie nicht mehr richtig ausparken kann.
  • Du darfst dich auch nicht in eine Parklücke stellen, um einer anderen Person den Platz freizuhalten. Hinderst du damit eine:n andere:n Autofahrer:in am Einparken, zählt dies auch als Nötigung.

Anders sieht es aus, wenn du ein anderes Fahrzeug auf der rechten Spur überholst. Das gilt zwar nicht als Nötigung, ist aber ebenfalls verboten. Alles Wissenswerte zum Überholverbot und dem Rechtsüberholen auf der Autobahn findest du auf unseren Seiten.

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Nicht folgenlos: Konsequenzen bei Nötigung im Straßenverkehr

Pauschal lässt sich also keine Aussage darüber treffen, wann eine Nötigung im Straßenverkehr vorliegt. Stattdessen liegt die Entscheidung für jeden Einzelfall im Ermessen des Gerichts.

Strafen und Bußgelder

Die Konsequenzen reichen von Geldstrafen bis hin zu einer Haftstrafe von bis zu drei Jahren. Aber auch zwei bis drei Punkte in Flensburg und ein Führerscheinentzug sind möglich. Freiheitsstrafen werden zumeist nur in schweren Fällen oder bei wiederholtem Vergehen verhängt. Die Höhe der Geldstrafe bemisst sich an der finanziellen Lage des oder der Beschuldigten.

Bußgelder werden eigentlich bei Ordnungswidrigkeiten und nicht bei Nötigungen verhängt. Doch die Grenzen sind oft fließend. Das missbräuchliche Betätigen der Lichthupe ohne Nötigungsabsicht beispielsweise kann ein Verwarngeld von zehn Euro nach sich ziehen.

Gerichtsurteile im Überblick

Schon oft mussten Gerichte Urteile zur Nötigung im Straßenverkehr sprechen. Hier zwei Beispiele:

  • Das Amtsgericht München entschied 2015, dass in folgendem Fall eine Nötigung vorlag: Ein Auto fuhr zum Überholen auf die Gegenfahrbahn und dabei absichtlich auf einen Radfahrer zu. Dieser musste ausweichen.
  • Das Kammergericht Essen sah 2016 keine Strafbarkeit in rücksichtslosem Überholen und knappen Einscheren. Der Straftatbestand der Nötigung war hier also nicht erfüllt.

Aussage gegen Aussage: Und nun?

Liegt eine Anzeige wegen Nötigung im Straßenverkehr gegen dich vor, sei gewappnet. Auch dann, wenn es hierfür keine Zeug:innen gibt. Denn „im Zweifel für den Angeklagten“ gilt hier nicht immer. Steht Aussage gegen Aussage, liegt es am/an der Richter:in, wem er oder sie Glauben schenkt. Und das kann bei einer schlüssigen Schilderung des Vorfalls auch der/die Ankläger:in sein. Es ist aber ebenfalls möglich, dass das Verfahren eingestellt wird.

Es gibt zudem ein drittes mögliches Schema einer Nötigung: die gegenseitige Provokation. Nötigst du jemanden zum Spurwechsel, der dir daraufhin hinten auffährt, trägst du wiederum eine Mitschuld an diesem Auffahrunfall.

Weitere Informationen zum Thema Verkehrssicherheit findest du in unseren anderen Beiträgen:

Bildnachweise:
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Bild1: ©AdobeStock_329121607 ; wilm_ihlenfeld

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