35 StVO: Welche Sonderrechte haben Polizei, Krankenwagen und Co.?
Die Straßenverkehrsordnung (StVO) bildet alle relevanten Vorschriften, um das Verhalten im Straßenverkehr zu regeln und für die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu sorgen. Doch es gibt Situationen in denen bestimmte Fahrzeuge wie Krankenwagen, die Feuerwehr oder aber die Polizei Sonderrechte haben. Und exakt diese gesonderten Regelungen sind in Paragraph 35 der StVO festgehalten. Doch welche Privilegien und Sonderrechte habe Rettungsfahrzeuge im Einsatz? Näheres dazu in unserem folgenden Beitrag.
Das gilt laut Paragraph 35 StVO
Damit im öffentlichen Straßenverkehr ein gewisses Maß an Sicherheit gegeben ist, schreibt der Gesetzgeber in der Straßenverkehrsordnung zahlreiche Verkehrsregeln vor. Hin und wieder ist es jedoch notwendig von den geltenden Allgemeinregeln abzuweichen, sodass für bestimmte Einsatzfahrzeuge Sonderrechte gelten. Hierbei kann es sich laut Paragraph 35 StVO zum Beispiel um Geschwindigkeitsüberschreitungen, Rotlichtverstöße oder dem Einsatz von Blaulicht handeln. Allerdings dürfen diese Privilegien nur dann Anwendung finden, wenn höchste Eile geboten ist. Das ist zum Beispiel dann der Fall, wenn es um Menschenleben geht oder schwere gesundheitliche Schäden zu verhindern sind. Dabei gilt allerdings zu bedenken, dass diese Ausnahmeregelungen nicht vollkommen unbeschränkt gelten. Denn in Paragraph 35 Absatz 8 StVO heißt es:
„Die Sonderrechte dürfen nur unter gebührender Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung ausgeübt werden.“
Doch was bedeutet diese gesetzliche Verankerung für die Sonderrechte der Polizei und Co.? Ganz einfach: Die Beamten müssen jederzeit sicherstellen, dass keine anderen Verkehrsteilnehmer gefährdet werden oder gar zu Schaden kommen.
Wissenswert: Die Sonderrechte der StVO gelten nicht nur in Notsituationen. Denn sie finden auch bei der Bewältigung bestimmter Alltagsaufgaben Anwendung. So dürfen auch Straßenbaufahrzeuge oder die Müllabfuhr von bestimmten Sonderrechten aus Paragraph 35 StVO Gebrauch machen. Ihnen ist es beispielsweise gestattet auf allen Straßenteilen sowie Straßenseiten und demnach auch auf dem Standstreifen zu fahren.
Für wen gelten Sonderrechte?
Diesen Fahrzeugen und Berufsgruppen ist ein Eingriff in den Straßenverkehr und somit ein vollständiger Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung gewährt:
- Bundeswehr
- Bundespolizei
- Polizei
- Feuerwehr
- Katastrophenschutz
- Zolldient
- Ausländische Beatme, die im Inland zur Nacheile bzw. Observation berechtigt sind
- Rettungskräfte
All die eben aufgelisteten Einsatzfahrzeuge dürfen sowohl auf Gehwegen als auch entgegen der Fahrtrichtung fahren. Auch dürfen sie Tempolimits überschreiten, das Rotlicht einer Ampelanlage missachten und im Halteverbot parken.
Anders schaut es bei diesen Berufsgruppen aus, denn für diese gelten engere Grenzen:
- Paket- und Postboten
- Müllabfuhr
- Straßenreinigungsfahrzeuge
- Straßenbaufahrzeuge
- Messfahrzeuge (Bundesnetzagentur) für Elektrizität, Gas , Telekommunikation und Co.
Für diese Berufsgruppen und Fahrzeuge tritt die Straßenverkehrsordnung nie gänzlich außer Kraft. So dürfen die Müllabfuhr, Straßenreinigungsfahrzeuge und Co. nur einzelne Vorgänge entgegen den sonst geltenden Straßenverkehrsregeln vornehmen. Demnach dürfen beispielsweise Bau-, Reinigungsfahrzeuge, die Müllabfuhr und Messfahrzeuge der Bundesagentur lediglich auf allen Straßenseiten und -abschnitten fahren sowie bei Bedarf halten. Post- und Paketboten ist es hingegen gestattet Fußgängerzonen zu befahren und kurzfristig in zweiter Reihe zu parken. All dies ist in Paragraph 35 Absatz 7a StVO geregelt.
Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung: Wann ist es erlaubt?
Mögliche Gründe für den Verstoß gegen die allgemeinen Regeln der Straßenverkehrsordnung können sein:
- Die Rettung von Menschenleben
- Das Verhindern von schweren gesundheitlichen Schäden
- Die Unterbindung von Gefahren für die öffentliche Sicherheit
- Die Verfolgung von Fluchtpersonen
- Der Erhalt von belangvollen Sachwerten
Darüber hinaus gelten einige Sonderrechte auch in den Bereichen der Straßenreinigung, der Müllbeseitigung und der Paket- sowie Briefzustellung innerhalb von Fußgängerzonen.
Wichtig: Trotz der zahlreichen Ausnahmeregelungen, die in Paragraph 35 StVO gewährt werden, bleiben einige Grundvoraussetzungen bestehen. So dürfen die Sonderrechte von Feuerwehr, Polizei und Co. nur unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung Verwendung finden. Einsatzfahrzeuge, die diese Privilegien nicht mit gebührender Sicherheit ausüben, müssen mit einem Bußgeld von 25 Euro rechnen. Während das Bußgeld beim Arbeiten außerhalb von Gehwegen und Absperrungen ohne auffällige Warnkleidung bei 5 Euro liegt.
Voraussetzungen für Sonderrechte
Die Sonderrechte aus Paragraph 35 der StVO gelten nicht immer, sondern sind an zwei wesentliche Voraussetzungen gebunden. Hierzu zählen folgende:
Die Erfüllung hoheitlicher Aufgaben
Die erste Voraussetzung aus Paragraph 35 StVO besagt, dass es sich um eine Einsatzfahrt handelt muss, die im direkten Zusammenhang mit der Tätigkeit der jeweiligen Berufsgruppe steht. Auf dem Rückweg von einem Einsatz ist in der Regel keine Eile geboten, daher greifen die Sonderregelungen hier nicht. Eine Ausnahme stellen Übungsfahrten dar. Denn auch diese können als hoheitliche Aufgabe gelten, wenn sie dazu dienen, Auszubildende auf Ernstfälle vorzubereiten.
Dringende Gebotenheit
Daneben ist in Paragraph 35 StVO die dringende Gebotenheit als weitere Voraussetzung benannt. Diese schränkt den eben genannten Umstand weiter ein. Von einer dringend gebotenen Einsatzfahrt ist dann die Rede, wenn das Einhalten der normalen Verkehrsregeln durch die Einsatzkräfte den Erfolg eines Einsatzes erheblich gefährden würde. Ob eine dringende Gebotenheit gegeben ist, muss der jeweilige Einsatzleiter individuell einschätzen.
Blaulicht im Straßenverkehr: So verhältst du dich richtig
Sobald die Polizei, die Feuerwehr, Rettungsfahrzeuge oder Einsatzkräfte von Hilfsorganisationen mit Martinshorn und Blaulicht unterwegs sind, müssen alle Verkehrsteilnehmer Platz machen. Dies besagt das Wegerecht. Doch wie verhältst du dich in einer solchen Notfallsituation richtig? Wir verraten es dir:
- Bleibe möglichst ruhig: Ganz gleich, ob du mit dem Auto oder mit einem Zweirad unterwegs bist, du solltest beim Wahrnehmen von Blaulicht keinesfalls abrupt abbremsen. Denn bei diesem Vorgehen droht die Gefahr verheerender Auffahrunfälle.
- Halte Ausschau: Sowohl in Städten mit einem dichten Verkehrssaufkommen als auch auf Autobahnen ist nicht immer sofort erkennbar, von welcher Seite das Einsatzfahrzeug kommt. Daher solltest du zunächst achtsam weiterfahren, bis du weißt, von welcher Richtung aus das Einsatzfahrzeug heranfährt.
- Beobachte die Situation: Sobald du das Einsatzfahrzeug mit Blaulicht entdeckt hast, gilt es herauszufinden, ob du überhaupt im Weg stehst. Ist dem so, solltest du unbedingt auf den Blinker des Einsatzfahrzeuges achten. Denn nur so kannst du entsprechend ausweichen ohne das Fahrzeug zu behindern.
- Schaffe Platz: Nun heißt es Platz schaffen. Denn das Gesetz schreibt vor, dass alle Verkehrsteilnehmer für freie Bahn sorgen müssen, wenn sich ein Einsatzfahrzeug mit Blaulicht und Martinshorn nähert. Wer sich nicht an diese Regelung hält, muss je nach Verstoß Intensität mit einem Bußgeld von mindestens 240 Euro rechnen. Mitunter sind auch bis zu 320 Euro fällig. Außerdem gibt es Punkte in Flensburg und gegebenenfalls auch ein Fahrverbot. Näheres dazu findest du in unserem Beitrag zum Thema „Neuer Bußgeldkatalog 2022 – Bußgelder, Strafen & Punkte Übersicht“.
Wichtig: Auf Autobahnen musst du nicht nur bei Stau, sondern bereits bei stockendem Verkehr eine Rettungsgasse bilden. Diese Regelung gilt auch dann, wenn du noch kein Blaulicht siehst und kein Martinshorn hörst.
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