Vorschaden in der Versicherung: Darauf musst du achten
Du hast dir einen Gebrauchtwagen gekauft. Er hat ein paar kleine Kratzer und eine Beule, das macht dir jedoch nichts aus. Ist es wirklich egal? Der Wagen wurde als unfallfrei verkauft, die Schönheitsfehler sind normale Gebrauchsspuren. Warum kann das trotzdem zu einem Problem werden?
Vorschaden oder Altschaden?
- Ein Vorschaden (auch Primärschaden) bezeichnet eine bereits behobene Beschädigung an einem Fahrzeug. Dieses Ereignis ist sowohl für Laien als auch Experten nicht sofort erkennbar. Er stellt insbesondere bei der Schadensregulierung eine Herausforderung dar. Ein Vorschaden kann dazu führen, dass das Fahrzeug nicht mehr als unfallfrei gilt. Dies ist der Fall, wenn die Reparaturkosten über der Bagatellgrenze (ungefähr 750 Euro) liegen. Beim Kauf musst du dich auf die Aussage des Vorbesitzers verlassen, dass das Fahrzeug keinen Primärschaden hat (also unfallfrei ist).
- Ein Altschaden hingegen wurde nie repariert. Falls an derselben Stelle erneut ein Schaden auftritt, resultieren daraus möglicherweise keine „neuen“ oder vollen Schadensersatzansprüche.
Hey, hast du dir schon mal Gedanken darüber gemacht, was passiert, wenn dein Auto plötzlich einen schwerwiegenden Defekt hat? Unsere Reparaturkostenversicherung könnte die Antwort sein. Denn sie schützt dich vor unerwartet hohen Werkstattrechnungen, sei es bei einem älteren Gebrauchtwagen oder einfach nur für die Sicherheit im Fall einer unerwarteten Reparatur.
Unfall und nicht schuld? Deswegen zahlt die Versicherung trotzdem nicht
Bei einem Unfall kann die betroffene Stelle am Fahrzeug mit einem Vorschaden überlappen. Fahrzeughalter:innen sind verpflichtet bei der Meldung eines neuen Unfalls den aktuellen Schaden und frühere Vorschäden an derselben Stelle anzugeben. Dabei handelt es sich um die Offenbarungspflicht. Diese Pflicht dient dazu, Transparenz zu gewährleisten und eine korrekte Schadensregulierung sicherzustellen. Wenn diese Informationen nicht offen gelegt werden, führt dies zu Problemen. Insbesondere, wenn die Versicherung des Unfallverursachers den Schaden begutachtet.
Im Falle einer Überschneidung von Neu- und Primärschaden ist eine Sache besonders wichtig. Der Fahrzeughalter oder die Fahrzeughalterin muss nachweisen, dass der Vorschaden ordnungsgemäß und fachgerecht repariert wurde. Dies kann durch Dokumente wie Reparaturbelege und Werkstattrechnungen erfolgen. Ohne diese Nachweise kann die gegnerische Versicherung argumentieren, dass der Vorschaden nicht ordnungsgemäß behoben wurde. Dies beeinflusst ihre Bereitschaft, den aktuellen Schaden voll zu regulieren. An dieser Stelle stehen Geschädigte in der Beweispflicht.
Es kommt vor, dass Fahrzeughalter:innen von dem Vorschaden nichts wissen. Das Fahrzeug wurde als unfallfrei verkauft. In solchen Fällen kann es jedoch sein, dass die Kfz-Haftpflichtversicherung über das HIS-Datensystem (Hinweis- und Informationssystem) bereits über den Vorschaden informiert ist. Dieses Wissen seitens der Versicherung kann negativ ausgelegt werden. Es erweckt den Anschein, dass der Fahrzeughalter oder die Fahrzeughalterin versucht, den Vorschaden zu verschweigen. Es ist empfehlenswert, sich bei einem Fahrzeugkauf sorgfältig über die Vorgeschichte zu informieren. Im Falle eines Primärschadens sollte eine angemessene Dokumentation über Reparaturen vorliegen. So können mögliche Missverständnisse vermieden werden.
Diese Vorschäden gibt es
In Fällen, in denen ein Fahrzeug mehrfach in Verkehrsunfälle verwickelt wird, treten verschiedene Vorschadenarten auf. Die Rechtsprechung erlaubt Geschädigten, ihren Schaden gegenüber dem Schädiger und der Versicherung sowohl auf Basis einer Reparaturrechnung, als auch fiktiv anhand eines Gutachtens abzurechnen. Dies ist besonders bei älteren Fahrzeugen mit kleineren Lackschäden oder Defekten an den Stoßfängern üblich. Hierbei wird der Schaden nicht repariert, sondern fiktiv abgerechnet. Die rechtliche Problematik entsteht vor allem, wenn erneute Beschädigungen auftreten und die Abgrenzung zwischen alten und neuen schwierig wird.
Verschiedene Vorschadenarten:
- Reparierter Vorschaden: Ein bereits reparierter Schaden, der bei einem vorherigen Unfall entstanden ist.
- Unreparierter Vorschaden: Dieser wurde bisher nicht reparier.
- Deckungsgleicher Schaden: Ein neuer Schaden an derselben Stelle, an der bereits ein Vorschaden existierte.
- Nicht deckungsgleicher Schaden: Ein neuer Schaden an einer anderen Stelle.
Versicherungen nutzen manchmal den Vorschadenseinwand, um die Schadensregulierung abzulehnen. Sie verweisen auf frühere Vorschäden, um ihre Zahlungen zu reduzieren oder sogar abzulehnen. Dies kann weitreichende Folgen für den Geschädigten haben, insbesondere wenn der Nachweis der fachgerechten Reparatur des Primärschadens nicht erbracht wird. In solchen Fällen könnte die Klage auf Schadensersatz abgewiesen werden.
Gekauft wie gesehen? Darauf solltest du beim Autokauf achten
Die verbreitete Klausel „gebraucht wie gesehen“ im Gebrauchtwagenhandel wird häufig genutzt. Man versucht sich damit abzusichern und mögliche Schäden zu verschleiern, ohne Konsequenzen zu befürchten. Diese Klausel kann jedoch bedeuten, dass dem Käufer oder der Käuferin wichtige Informationen vorenthalten werden, um den Fahrzeugverkauf zu erleichtern. In solchen Fällen kann es vorkommen, dass ein Vorschaden absichtlich verschwiegen wird.
Beim Gebrauchtwagenkauf ist Vorsicht geboten. Wenn ein Primärschaden verschwiegen wird, haben Käufer das Recht, vom Kaufvertrag für das Auto zurückzutreten. Man kann Schadensersatz vom Vorbesitzer oder der Vorbesitzerin fordern. In einem solchen Fall sind Verkäufer:innen verpflichtet, den Kaufpreis zu mindern, da von einer Wertminderung auszugehen ist. Die verschwiegene Vorschädigung beeinträchtigt den Wert des Fahrzeugs und Käufer:innen wurden über die tatsächliche Beschaffenheit des Fahrzeugs getäuscht.
Diese rechtlichen Regelungen schützen Käufer:innen vor unlauteren Praktiken. Es wird sichergestellt, dass sie genaue Informationen über den Zustand eines Gebrauchtwagens erhalten. Es ist ratsam, den Zustand eines Fahrzeugs vor dem Kauf sorgfältig zu prüfen. Gegebenenfalls zieht man einen Sachverständigen hinzu, um mögliche Vorschäden oder andere versteckte Mängel zu erkennen.
Unfallwagen? So sorgst du für eine einwandfreie Schadensregulierung
- Wenn du in einen unverschuldeten Unfall gerätst, schalte einen unabhängigen Sachverständigen ein. Dieser grenzt beide Schadensereignisse klar voneinander ab, sofern ein Vorschaden vorhanden ist. Dies ist natürlich nicht nötig, wenn die Rechtslage klar ist.
- Wusstest du nichts von einem Vorschaden beim Kauf eines Gebrauchtwagens? Dann ziehe den Verkäufer oder die Verkäuferin zur Verantwortung und überprüfe mögliche Schadensersatzansprüche. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs unterstützt deine Position.
- Prüf, ob im HIS-System der Versicherungen ein Eintrag bezüglich eines Vorschadens vorhanden ist. Du kannst eine schriftliche Selbstauskunft beantragen, wenn nötig.
- Schau nach, welche Belege du über vorangegangene Reparaturen finden kannst. Frage nach der Werkstatt-Rechnung, um Beweise über die fachgerechte Reparatur zu sichern.
- Zieh bei Bedarf einen Rechtsanwalt hinzu, um gegen die Versicherung vorzugehen und gegebenenfalls eine Frist zu setzen.
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