Fahrverbot für Rentner:innen? – Autofahren im (hohen) Alter

Von Julia Schäfer 21 September, 2023
4 minutes

Ein allgemeines Fahrverbot für Rentner:innen wird regelmäßig thematisiert. Aber: Sollte es für den Führerschein eine Altersgrenze geben oder hängt die Fahrtauglichkeit von anderen Aspekten ab?

Altersgrenze für den Führerschein: Soll man Senioren und Seniorinnen den „Lappen“ entziehen?

Immer wieder melden sich Stimmen, die fordern, dass ältere Menschen ihren Führerschein abgeben sollten. Schließlich überfordert der typische Großstadttrubel mit seinen lauten Geräuschen, der hohen Geschwindigkeit und dem stetigen Verkehr insbesondere ältere Verkehrsteilnehmer:innen. Durch ein Fahrverbot für Rentner:innen soll eine mögliche Gefahrenquelle entfallen.

Im ländlichen Raum ist ein Fahrverbot für Rentner:innen hingegen kaum denkbar. Hier lassen sich Arztbesuche oder die Fahrt zum Supermarkt kaum ohne eigenen Pkw bewältigen. Trotzdem erfordert auch die Fahrt auf dem Land eine schnelle Reaktionsfähigkeit, immerhin ist ein Unfall überall möglich.

Gleichzeitig offenbaren sich hier andere Gefahrenquellen: Vereiste Straßen, spielende Kinder am Straßenrand oder über die Fahrbahn rennende Rehe sind auf dem Land keine Seltenheit. Während dich die Fahrschule auf solche Widrigkeiten vorbereitet, sind sie dennoch kaum kalkulierbar. Deshalb ist das Fahrverbot für Rentner:innen auch in diesen Regionen ein konstantes Thema.

Tatsächlich beziehen sich die Forderungen nach einem Fahrverbot für Rentner:innen nicht auf ein Fahrverbot im rechtlichen Sinne. Ein solches Verbot ist lediglich eine temporäre Maßnahme. Vielmehr soll das Fahrverbot für Rentner:innen älteren Verkehrsteilnehmern die Fahrerlaubnis entziehen.

Um welche Altersgruppe geht es?

Im sozialen Umfeld bist du ab Anfang 60 Senior oder Seniorin. Im Gesundheitsbereich liegt die Altersgrenze bei 70 Jahren.

Trotz dieser allgemeinen Definition hat dein Alter keinen Einfluss darauf, ob du mit einem Fahrverbot rechnen müsstest. Das liegt unter anderem daran, dass Menschen jeden Alters sehr unterschiedliche Konstitutionen vorweisen. Ein allgemeines Fahrverbot für Rentner:innen also bedeuten, dass ein fitter 70-Jähriger nicht fahren darf. Einem stark beeinträchtigten 50-Jährigen wäre es dennoch gestattet, am Straßenverkehr teilzunehmen.

Deshalb kommt es erst dann zum Fahrverbot für Rentner:innen, wenn eine entsprechende gesundheitliche, geistige oder körperliche Beeinträchtigung vorliegt. Kommt es beispielsweise zum Schadenfall, kann es gegebenenfalls sinnvoll sein, die Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senior:innen einzufordern. Eine Verallgemeinerung, selbst wenn ein selbstverschuldeter Unfall vorliegt, ist hingegen nicht ausreichend, um den Führerschein mit einer Altersgrenze zu versehen.

Autofahren im Alter: Eine Frage der Fahrtüchtigkeit

Da Menschen jeden Alters sehr unterschiedlich sind, ist ein Fahrverbot für Rentner:innen nicht die Lösung. Stattdessen hat der Entzug der Fahrerlaubnis handfeste Gründe: Nämlich solche, die an deiner Fahreignung zweifeln lassen. Ein klassisches Beispiel dafür ist die Fahrt unter Einfluss von Alkohol oder Drogen.

Gleichzeitig gibt es weniger offensichtliche Gründe, die den Führerscheinentzug rechtfertigen. Dazu gehören körperliche und geistige sowie charakterliche Mängel. Kommt es zu einem Fahrverbot für Rentner:innen im Alter, sind oftmals physische Defizite ausschlaggebend. Anstelle eines generellen Fahrverbotes kann eine Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senioren und Seniorinnen sinnvoll sein. Eine solche Fahrtauglichkeitsprüfung hilft dabei festzustellen, ob ein Autofahrer den Straßenverkehr gefährdet – ganz unabhängig vom Alter.

Mit solchen Maßnahmen ist es möglich, die individuellen gesundheitlichen Einschränkungen zu berücksichtigen. Eine Diskriminierung fahrtauglicher Senioren entfällt mit der Überprüfung der Fahrtauglichkeit von Senior:innen. Denn obwohl laut ADAC bei rund zwei Dritteln der Verkehrsunfälle Senioren die Mitschuld tragen, ist eine Verallgemeinerung nicht möglich.

Wann gilt ein Mensch als fahruntauglich?

Für den Führerschein eine Altersgrenze festzulegen, ist nur bedingt effektiv. Stattdessen gilt es, einen Blick auf die Fahrtüchtigkeit zu werfen. Sie lässt sich meist an den folgenden Punkten beurteilen:

  • Im Allgemeinen giltst du als fahruntüchtig, wenn du den Anforderungen im Straßenverkehr nicht gerecht wirst. In einer solchen Situation ist es dir nicht möglich, dein Fahrzeug sicher zu führen. Gründe dafür können beispielsweise körperliche oder geistige Beeinträchtigungen sein.
  • Nach dem Konsum von Alkohol oder Drogen giltst du ebenfalls als fahruntüchtig. Kommt es zu einem Verkehrsunfall, musst du als Unfallverursacher:in mit entsprechenden Strafen rechnen.
  • Selbst während du krank bist, insbesondere mit Fieber, solltest du nicht hinter dem Steuer sitzen. In einer solchen Situation zu fahren, wäre grob fahrlässig, da du körperlich extrem angeschlagen bist.
  • Nach der Einnahme bestimmter Medikamente solltest du ebenfalls darauf verzichten, ein Fahrzeug zu lenken. Dazu gehören beispielsweise Tabletten für die Muskelentspannung oder solche, die zu einer verzögerten Wahrnehmung und Reaktion führen.

Übrigens: Wir haben einen ausführlichen Artikel, in dem wir erklären, mit welchen Medikamenten du kein Auto fahren darfst.

Medikamente am Steuer

Die Einnahme von bestimmten Tabletten stellt ein enormes Risiko im Straßenverkehr dar. Dieser Punkt spricht auf den ersten Blick für ein Fahrverbot für Rentner:innen. Schließlich sind ältere Menschen häufiger auf medikamentöse Behandlungen angewiesen als junge Autofahrer. Unabhängig von deinem Alter solltest du dich immer fragen: Mit welchen Medikamenten darf man kein Auto fahren?

Dazu gehören grundsätzlich sämtliche Tabletten, die sich negativ auf deine Fahrtüchtigkeit auswirken können. Als besonders schwierig gelten Medikamente, die dich müde machen oder deine Reaktion verlangsamen. Ein Blick in den Beipackzettel verrät dir, ob der Hersteller von der Teilnahme am Straßenverkehr abrät.

Fahrverbot für ältere Menschen: Immer eine Einzelfallentscheidung

Ob ein Fahrverbot für Rentner:innen sinnvoll ist, entscheidet der Einzelfall. Die individuelle Konstitution entscheidet darüber, ob du fahrtauglich bist oder nicht. Zweifeln die Behörden an deiner Fahreignung, können sie dich zu einer Fahrtauglichkeitsprüfung verpflichten. Dabei findet eine explizite Prüfung deines Sehvermögens, der Hörfähigkeit und der psychischen und nervlichen Gesundheit statt. Dazu kommt es beispielsweise dann, wenn du die Teilschuld  an einem Verkehrsunfall trägst und bereits älter bist. Ebenfalls möglich ist die Anordnung dann, wenn du regelmäßig den Sicherheitsabstand  unterschreitest oder sich Lenk- und Abbiegefehler häufen. Bestehst du die Prüfung nicht, kann ein Fahrverbot die Folge sein. Allerdings hängt dieses Verbot schlussendlich nicht von deinem Alter, sondern von anderen Faktoren ab.

Auch im hohen Alter sicher Autofahren

Ein allgemeines Fahrverbot für Rentner:innen ist keine Lösung. Trotzdem sollten sich ältere Verkehrsteilnehmer stets kritisch hinterfragen. Die Reflexion der persönlichen Fahrweise ist daher ausgesprochen wichtig.

Kommt es verstärkt zu kleineren Fehlern oder kritischen Situationen, kann es ratsam sein, das Fahrzeug stehen zu lassen. Unabhängig von einem Fahrverbot für Rentner:innen kann eine solche Situation mit jedem Alter eintreten. Alternativ ist es möglich, die Fahrweise von Freunden und Verwandten beurteilen zu lassen. Denkbar ist es zudem, dass Senior:innen den Führerschein einem Test unterziehen. So lässt sich feststellen, wie es um die Fahrtüchtigkeit bestellt ist. Sowohl der ADAC, der TÜV als auch einige Fahrschulen helfen Senior:innen, den Führerschein einem Test zu unterziehen. Dabei handelt es sich um spezielle Kurse, die auf die Bedürfnisse älterer Verkehrsteilnehmer ausgelegt sind.

Wenn du selbst im hohen Alter sicher unterwegs sein möchtest, unterstützen dich zudem technische Hilfsmittel dabei. Das Fahren mit Automatik ist deutlich einfacher und erhöht die Sicherheit. Dasselbe gilt für ein Acoustic Parking System, das dir beim Parken hilft. Ebenso hilfreich ist es, ein regelmäßiges Fahrsicherheitstraining zu absolvieren. Solche Trainings eignen sich nicht nur für Senioren im Straßenverkehr, sondern für jeden Fahrer, da sie die Fahrsicherheit spürbar stärken.

Bildnachweis:
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