Barrierefreie Haltestelle: Wunschdenken oder Realität?
Trotz des wachsenden Bewusstseins für Barrierefreiheit und Inklusion bleiben barrierefreie Haltestellen eine knappe Ressource. Menschen mit Behinderungen, Eltern mit Kinderwagen und Senioren stoßen bei der Nutzung der öffentlichen Verkehrsmittel oft auf Herausforderungen, wie zum Beispiel überfüllte Busse oder auf die Tatsache, dass viele Haltestellen nicht angemessen zugänglich sind. Auch wenn Busse eine gern genutzte Personenbeförderung sind, gibt es bis heute leider nur wenige barrierefreie Haltestellen. Diese Problematik wirft die Frage auf, ob die Vision von barrierefreien Haltestellen bisher nur ein Wunschdenken ist oder ob konkrete Schritte unternommen werden, um diese Realität werden zu lassen.
Was versteht man unter Barrierefreiheit?
Barrierefreiheit bezeichnet die Gestaltung von baulichen, technischen und kommunikativen Barrieren, die es Menschen mit Behinderungen ermöglicht, gleichberechtigt und selbstständig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Barrierefreiheit umfasst dabei aber nicht nur den Abbau physischer Hindernisse wie Stufen und Schwellen, sondern bezieht sich auch auf Aspekte wie gut lesbare Beschilderungen, akustische Signale für Sehbehinderte oder barrierefreie digitale Informationen. Ziel der Barrierefreiheit ist es, eine uneingeschränkte Nutzung öffentlicher Einrichtungen, Verkehrsmittel, Wohnungen und Arbeitsplätze für alle Menschen zu gewährleisten, unabhängig von ihren körperlichen, geistigen oder sensorischen Einschränkungen.
Warum ist die Barrierefreiheit so wichtig?
Barrierefreiheit ist ein Gewinn für alle. Sie ermöglicht Menschen mit und ohne Behinderungen, Senioren, Kindern, Eltern und Personen, die vorübergehend in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, die gleichberechtigte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Ein barrierefreier Aufzug kommt zum Beispiel nicht nur Eltern mit Kinderwagen und mobilitätseingeschränkten Personen zugute, sondern erleichtert auch vielen anderen das Fortbewegen. Texte in einer leicht verständlichen Sprache oder mit Bildern, die Menschen mit Lernschwierigkeiten helfen, sind auch für Personen mit eingeschränkten Sprachkenntnissen oder geringer Lesefähigkeit von Vorteil.
Auch Menschen ohne Behinderungen sollten sich für Barrierefreiheit einsetzen, da sie selbst möglicherweise in Zukunft auf Zugänglichkeit angewiesen sein könnten. Tatsächlich sind nur vier Prozent aller Behinderungen angeboren, und die meisten werden durch Krankheiten oder Unfälle verursacht. Mit steigendem Durchschnittsalter der Bevölkerung gehen Alter und Behinderung oft einher: Ein Viertel der Menschen mit Schwerbehinderung ist 75 Jahre oder älter, und die Hälfte liegt zwischen 55 und 75 Jahren. Der demografische Wandel macht ein barrierefreies Leben für alle von uns also immer wichtiger.
Hierbei spielt natürlich auch die Sicherheit im Bus eine wichtige Rolle. Überfüllte Busse, gefährliche Manöver beim Bus überholen oder fehlende Sicherheitsvorkehrungen sind daher auch dringend zu vermeiden.
Wie muss eine barrierefreie Bushaltestelle beschaffen sein?
Die barrierefreie Gestaltung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) spielt eine wichtige Rolle, um die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen zu berücksichtigen und als gesellschaftspolitisches Ziel in der Personenbeförderung umgesetzt zu werden. Der ÖPNV ermöglicht die allgemeine Zugänglichkeit von Verkehrsmitteln im Linienverkehr und wird genutzt, um eine ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit öffentlichen Verkehrsleistungen sicherzustellen. Durch die Schaffung barrierefreier Infrastrukturen und Beförderungsmöglichkeiten werden nicht nur Menschen mit Behinderungen, sondern auch alle anderen Fahrgäste insgesamt von einer verbesserten ÖPNV-Qualität profitieren.
Der ÖPNV unterliegt verschiedenen gesetzlichen Regelungen und umfasst den öffentlichen Straßenpersonennahverkehr (ÖSPV), den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) und auch Sonderformen des ÖPNV wie Sammeltaxis, Standardseilbahnen oder Mietwagen. Es gibt weitere gesetzliche Grundlagen wie die Straßenbahn-Bau- und Betriebsordnung (BOStrab), die Betriebsordnung Kraft (BOKraft) und die Straßenverkehrsordnung (StVO), die Haltestellen, Beleuchtung, Signale und andere Aspekte regeln.
Ein wichtiger Bestandteil der barrierefreien Gestaltung von Bushaltestellen ist die Anpassung der Haltestellenkante und des Bordsteins, um die Ein- und Ausstiegsstufe sowie die Restspaltbreite zwischen Fahrzeug und Haltekante möglichst niedrig zu halten. Spezielle abgerundete Formsteine können verwendet werden, um einen reibungslosen Übergang zwischen Bus und Haltestelle zu gewährleisten. Die Höhe der Bordsteine kann je nach Fahrzeugtyp und Nutzung variieren, um einen barrierefreien Ein- und Ausstieg zu ermöglichen. Das vertikale Spaltmaß und die Spaltbreite spielen ebenfalls eine bedeutende Rolle, da sie den Zugang für gehbehinderte Menschen und Rollstuhlnutzer beeinflussen. Es ist wichtig, dass diese Werte möglichst gering gehalten werden, um Verkantungen oder Schwierigkeiten beim Ein- und Ausstieg zu vermeiden.
Die Gestaltung der Anfahrt zu Bushaltestellen sollte idealerweise niveaugleich erfolgen, um einen barrierefreien Fahrgastwechsel zu ermöglichen. Wenn dies aus verschiedenen Gründen nicht möglich ist, müssen differenzierte Bordhöhen angeboten werden, um Beschädigungen an Fahrzeugen und eine sichere Anfahrt zu gewährleisten. Konvexe und konkave Formen an Haltestellen sollten vermieden werden, da sie zu größeren Spaltbreiten und möglichen Fahrzeugschäden führen können.
Eine barrierefreie Gestaltung des ÖPNV ist von großer Bedeutung, um die Mobilität und Teilhabe aller Fahrgäste sicherzustellen. Durch den Abbau von Barrieren wird der öffentliche Verkehr für Menschen mit und ohne Behinderungen zugänglicher und komfortabler sowie auch sicherer. Hinzu kommt natürlich auch die Einführung von speziellen Busspuren.
Die wichtigsten Punkte in der Übersicht:
- Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) ist ein wichtiges gesellschaftspolitisches Ziel.
- Der ÖPNV umfasst die allgemeine Zugänglichkeit von Verkehrsmitteln im Linienverkehr.
- Die barrierefreie Gestaltung verbessert den ÖPNV insgesamt und bringt Vorteile für alle Fahrgäste.
- Es existieren gesetzliche Regelungen, die die barrierefreie Gestaltung von Haltestellen im Detail festlegen.
- Eine wichtige Maßnahme ist die Anpassung der Haltestellenkanten und Bordsteine, um die Ein- und Ausstiegsstufe und die Spaltbreite zu minimieren.
- Die Anfahrt zu den Haltestellen sollte niveaugleich erfolgen, bei Hindernissen müssen differenzierte Bordhöhen angeboten werden.
- Konvexe und konkave Formen an Haltestellen sollten vermieden werden, um größere Spaltbreiten und Schäden an Fahrzeugen zu verhindern.
- Barrierefreiheit im ÖPNV fördert die Mobilität und Teilhabe von Menschen mit und ohne Behinderungen.
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