Notwegerecht

Von Julia Schäfer 12 Oktober, 2023
4 minutes

Du bist schon einmal an einem Hinweisschild zu einem Privatweg umgekehrt? Dabei warst du dir ganz sicher, dass du richtig gefahren bist? Vielleicht hättest du nicht wenden müssen. Denn gibt es keinen anderen Zugang zum Haus deiner Freunde: Dann darfst du unter bestimmten Bedingungen auch Privatwege benutzen. Bekannt ist diese Ausnahmesituation als Notwegerecht. Es greift in den Fällen, in denen du Grundstücke nicht über öffentliche Verkehrswege erreichen kannst. Welche Voraussetzungen im Einzelnen vorliegen müssen und welche Folgen sich daraus ergeben, erfährst du hier.

Was ist das Notwegerecht?

Der Begriff alleine verrät es dir schon: Das Notwegerecht ermöglicht einen Weg, der im Notfall genutzt werden darf. Dieser Weg ist in der Regel eine Zuwegung zu einem Grundstück, das Privateigentum ist. Benötigt wird er bei Fehlen einer öffentlichen Verbindung zum Zielort. Das kann sowohl auf natürliche Gründe zurückzuführen sein als auch auf gesetzliche oder wirtschaftliche. Betroffene Nachbarn können gegen eine finanzielle Entschädigung zur Bereitstellung ihres Grundstücks als erforderlichem Zugang verpflichtet werden.

Wann kommt das Notwegerecht zur Anwendung?

Angewendet wird das Notwegerecht also immer dann, wenn ein öffentlicher Zugang zu einem Grundstück fehlt. Das Recht auf einen Notweg hat der Eigentümer des eingeschlossenen Bereichs. Zur Duldung ist der Eigentümer des Nachbargrundstücks verpflichtet, über das der Notweg führen muss. Wie du bemerkst, ist dies ein recht großer Eingriff ins Eigentum. Genau deshalb werden die Einzelfälle präzise geprüft und strenge Voraussetzungen gestellt. Sie sind sogar gesetzlich festgeschrieben: Als Notwegerecht im BGB (Bürgerliches Gesetzbuch).

Voraussetzungen und rechtliche Grundlagen für das Notwegerecht

Das Notwegerecht findest du nicht etwa im Straßenverkehrsgesetz. Es ist auch kein Gewohnheitsrecht, das sich einfach so eingebürgert hat. Möchtest du dich über die rechtliche Grundlage informieren, musst du vielmehr einen Blick in § 917 BGB werfen. Danach müssen Grundstückseigentümer die Nutzung ihres Anwesens dulden. Und zwar dann, wenn es an einem öffentlichen Weg zum Grundstück ihrer Nachbarn fehlt. Nach Absatz 2 der Vorschrift werden sie jedoch mit einer Geldrente für diesen Eingriff in ihr Eigentum entschädigt.

Die folgenden Voraussetzungen müssen für das BGB-Wegerecht vorliegen:

  • Es gibt keinen oder keinen alternativen, adäquat nutzbaren Zugang zum Grundstück des Rechteinhabers oder der Rechtinhaberin.
  • Ein Zugang ist unmöglich aufgrund tatsächlicher (Waldstück), rechtlicher (Baustelle) oder wirtschaftlicher (unverhältnismäßig hoher Aufwand) Gründe.
  • Das Fehlen des Zugangs darf nicht durch eigenes Verschulden oder Willkür begründet sein. Wie beispielsweise durch Bebauung eigener Wege – hier erfolgt ein Ausschluss gemäß § 918 BGB.
  • Der oder die Betroffene fordert ausdrücklich zur Duldung eines Notweges auf. Dabei muss die Forderung an den Grundstückseigentümer persönlich ergehen, nicht an Mieter oder Pächter.

Liegen sämtliche Voraussetzungen vor, wird dem Nachbarn die Duldung auferlegt. Allerdings erhält er eine Geldrente für den Zeitraum bis zur Aufhebung des Notweges. Ebenso wie die Ausrichtung des Notweges ist die Höhe dieser Entschädigung richterlich festgelegt. Dabei gilt beim Notwegerecht nach einem Urteil des Oberlandesgerichts München von 2014 die Beeinträchtigung des Dulders als Bemessungsgrundlage.

So lange gilt das Notwegerecht

Ein Notwegerecht gilt nicht für immer. Es endet in dem Augenblick, in dem eine alternative Anbindung hergestellt ist. Diese musst du auch dann wahrnehmen. Selbst, wenn dies für dich einen Umweg bedeutet und dein Weg dadurch länger dauert.

Hinweis: Auch Landwirten sind bei der Forderung nach Notwegen Grenzen auferlegt. So entschied das Landgericht Coburg 2000, dass Landwirte notfalls kleinere Maschinen zur Zufahrt auf Felder nutzen müssen. Einen Vorteil schlagen die Landwirte daraus jedoch: Ihre Traktor Versicherung wird günstiger.

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