Invitatiomodell und Antragsmodell

Von Annalena B. 25 Juni, 2024
4 minutes
Invitatiomodell, Person unterzeichnet Vertrag

Versicherungsverträge spielen eine zentrale Rolle in der Absicherung gegen unvorhergesehene Risiken. Dabei gibt es verschiedene Modelle, wie diese Verträge zustande kommen können. In Deutschland sind insbesondere das Antragsmodell und das Invitatiomodell gebräuchlich. Beide haben das bis Ende 2007 gängige Policenmodell ersetzt. Doch wie unterscheiden sich diese Modelle und welche Vor- und Nachteile bringen sie mit sich?

Was ist das Antragsmodell?

Das Antragsmodell sieht vor, dass der:die Versicherungsnehmer:in vor Abschluss eines Versicherungsvertrags umfassend über die vertraglichen Bestimmungen informiert wird. Dies bedeutet, dass der Versicherer potenziellen Kund:innen alle notwendigen Informationen, einschließlich der Versicherungsbedingungen, rechtzeitig vorlegt. Dies erfolgt entweder in Papierform oder elektronisch.

Im Rahmen des Antragsmodells erklärt die versicherungsnehmende Person, einen bestimmten Versicherungsvertrag mit festgelegten Bedingungen abschließen zu wollen. Der Versicherer prüft dieses Angebot und nimmt es an, sofern es den internen Kriterien entspricht. Der Vertrag kommt somit zustande, wenn der Versicherer den Antrag akzeptiert und der Versicherungsnehmer darüber informiert wird.

Ein zentrales Element dieses Modells ist der sogenannte „Übereilungsschutz„. Dieser soll sicherstellen, dass der Kunde genügend Zeit hat, die zur Verfügung gestellten Informationen zu lesen und zu verstehen, bevor er eine bindende Erklärung abgibt. Das bedeutet, dass die Informationsweitergabe so erfolgen muss, dass der Kunde eine fundierte Entscheidung treffen kann.

Ablauf des Antragsmodells

  1. Beratungsgespräch: Der:die Versicherungsberater:in erläutert dem:der Kund:in die verschiedenen Versicherungsoptionen und gibt ihm alle notwendigen Unterlagen.
  2. Antragstellung: Der:die Versicherungsnehmende füllt den Antrag aus und sendet ihn an den Versicherer.
  3. Prüfung und Annahme: Der Versicherer prüft den Antrag und sendet bei Annahme den Versicherungsschein (die Police) sowie weitere Unterlagen zurück an den:die Kund:in.
  4. Policierung: Der Versicherungsvertrag wird offiziell und verbindlich, wenn der Versicherer die Police ausgestellt und dem:der Versicherungsnehmenden zugestellt hat.

Was ist das Invitatiomodell?

Das Invitatiomodell, auch bekannt als Einladung zur Offerte, funktioniert anders. Hier fordert der:die Kund:in den Versicherer auf, ihm ein Angebot zu machen. Der:die Versicherungsnehmende gibt hierbei zunächst eine unverbindliche Anfrage ab, in der die Versicherungsbedürfnisse und -vorstellungen dargelegt werden. Auf Basis dieser Anfrage erstellt der Versicherer ein individuelles Angebot und sendet es zusammen mit allen erforderlichen Informationen an die:den Versicherungsnehmer:in.

Diese:r muss dann das Angebot des Versicherers prüfen und entscheiden, ob sie oder er es annehmen möchte. Erst wenn das Angebot unterschrieben an den Versicherer zurückgesendet oder stillschweigend durch die erste Beitragszahlung angenommen wurde, kommt der Versicherungsvertrag zustande.

Ablauf des Invitatiomodells

  1. Unverbindliche Anfrage: Der Kunde füllt einen Erfassungsbogen aus und gibt seine Versicherungswünsche an den Versicherer weiter.
  2. Angebotserstellung: Der Versicherer erstellt ein Angebot und sendet es zusammen mit allen relevanten Unterlagen an den Kunden.
  3. Prüfung durch den Kunden: Der Kunde prüft das Angebot und entscheidet, ob er es annehmen möchte.
  4. Annahme und Policierung: Der Kunde unterschreibt das Angebot und sendet es zurück, oder er nimmt es durch die erste Beitragszahlung an. Der Versicherer stellt die Police aus, und der Vertrag wird wirksam.

Unterschiede und Gemeinsamkeiten

Sowohl das Antragsmodell als auch das Invitatiomodell zielen darauf ab, den Versicherungsnehmer umfassend und rechtzeitig zu informieren. Beide Modelle haben das Policenmodell ersetzt, das häufig kritisiert wurde, weil es die notwendigen Informationen erst nach Vertragsabschluss lieferte.

Beim Antragsmodell initiiert der Kunde den Prozess aktiv durch das Stellen eines Antrags, während er beim Invitatiomodell eine unverbindliche Anfrage stellt und auf ein Angebot des Versicherers wartet. Ein wesentlicher Vorteil des Invitatiomodells ist, dass die Problematik der rechtzeitigen Informationsweitergabe hier in der Regel nicht auftritt, da der Kunde das Angebot und die Informationen in einem Schritt erhält.

Beide Modelle haben ihre Vorzüge und bieten verschiedene Ansätze zur Sicherstellung eines fairen und transparenten Vertragsabschlusses. Das Antragsmodell legt großen Wert auf den Übereilungsschutz und stellt sicher, dass der Kunde vor Vertragsabschluss umfassend informiert ist. Das Invitatiomodell bietet hingegen den Vorteil, dass der Kunde eine unverbindliche Anfrage stellen kann und erst bei Erhalt des Angebots alle notwendigen Informationen erhält.

Letztendlich hängt die Wahl des Modells von den individuellen Präferenzen des Kunden und der spezifischen Situation ab. Beide Modelle tragen jedoch dazu bei, dass der Kunde gut informiert eine Entscheidung treffen kann und so ein fairer Versicherungsvertrag zustande kommt.

 

Bildnachweis: Header ©AdobeStock_87438799; Rido

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