Beleidigung im Straßenverkehr
Eine Beleidigung im Straßenverkehr kann von Handgesten bis hin zu Schimpfwörtern reichen. Unangenehm, aber nicht der Rede wert, denken viele – weit gefehlt. Beleidigungen (nicht nur im Straßenverkehr) sind eine Straftat und können erhebliche Konsequenzen nach sich ziehen. Wir erklären dir, welche Strafen für Beleidigungen im Straßenverkehr drohen, wie man Beleidigungen im Straßenverkehr nachweisen kann und was überhaupt eine Beleidigung darstellt.
Welche Gesten und Schimpfwörter sind strafbar?
Beleidigungen sind in Deutschland strafbar, aber was zählt eigentlich als Beleidigung? Zur Feststellung gibt es keine Liste von Schimpfwörtern – du kannst also nicht wie bei anderen Vergehen einfach im Bußgeldkatalog nachschlagen. Auch Tabellen mit Beleidigungen und möglichen Strafen haben nur geringe Bedeutung, denn jeder Fall von Beleidigung wird gesondert vor Gericht bewertet.
Was genau als Beleidigung gilt, hängt immer von der Situation und der Absicht der handelnden Person ab. Das Strafgesetzbuch definiert sie als missachtende Äußerungen mittels Wort, Bild, Schrift oder Geste, die eine andere Person herabwürdigt oder als minderwertig darstellt. Dabei sind Worte und Gesten im Verkehrsbereich am häufigsten anzutreffen, aber auch Schrift und Bild können vorkommen: In einem Fall fühlte sich eine Politesse von einem Aufkleber mit der Aufschrift „F*ck dich, Zettelpuppe“ verunglimpft – das Gericht verhängte eine Geldstrafe von 600 Euro.
Beleidigungen im Straßenverkehr können im schlimmsten Fall sogar eskalieren. Unsere Gegenstandsversicherung kann dann nützlich sein, etwa wenn dein Auto beschädigt wird.
Welche Strafen drohen dir bei Beleidigung im Straßenverkehr?
Das Wichtigste zuerst: Eine Beleidigung im Straßenverkehr ist genauso eine Straftat nach Paragraf 185 StGB wie jede andere Beleidigung. Auch die Strafen sind dementsprechend nahezu gleich. Ein Unterschied besteht in Form von einem Fahrverbot, welches als Nebenstrafe vergeben werden kann.
Die Strafe für eine Beleidigung im Straßenverkehr wird vom Gericht verhängt und besteht meist aus einer Geldstrafe. Diese liegt größtenteils zwischen 10 und 30 Tagessätzen (30 Tagessätze entsprechen deinem Nettomonatsgehalt; ein Tagessatz entspricht einem Dreißigstel davon). Auch Sozialstunden, ein Schmerzensgeld und sogar Haftstrafen können auf eine Beleidigung folgen. Der Freiheitsentzug wird vor allem bei Wiederholungstäter:innen angewandt.
Die jeweilige Strafe für Beleidigung im Straßenverkehr kann nie genau vorhergesagt werden. Anhand bisheriger Gerichtsurteile lässt sich allerdings folgende Tabelle mit ungefähren Strafen zusammenstellen:
Beleidigung | Strafe (anhand bisheriger Urteile) |
Die Zunge herausstrecken | 150 € |
„Du Mädchen!“ (zu einem Polizisten) | 200 € |
„Bekloppter“ | 250 € |
„Dumme Kuh“ | 300 € |
„Leck mich doch!“ | 300 € |
„Du blödes Schwein“ | 475 € |
„Hast du blödes Weib nichts Besseres zu tun?!“ | 500 € |
„Was willst du, du Vogel?!“ | 500 € |
„Asozialer“ | 550 € |
„Dir hat wohl die Sonne das Gehirn verbrannt!“ | 600 € |
Eine Polizebeamtin oder Polizeibeamten duzen | 600 € |
„Du Holzkopf!“ | 750 € |
Einen Vogel zeigen | 750 € |
„Bei dir piept’s wohl!“ | 750 € |
Scheibenwischer-Geste | 1000 € |
Stinkefinger zeigen | 4000 € |
„Du Wichser“ | 1000 € |
„Idiot“ | 1500 € |
„Am liebsten würde ich jetzt Arschloch zu dir sagen!“ | 1600 € |
„Schlampe“ | 1900 € |
„Fieses Miststück“ | 2500 € |
„Alte Sau“ | 2500 € |
Umgangssprachlich wird oft ein „Bußgeldkatalog für Beleidigungen” erwähnt. Da es sich hier allerdings um eine Straftat handelt, ist der Begriff völlig falsch – Bußgelder werden nur für Ordnungswidrigkeiten vergeben. Du kannst dich außerdem nicht darauf verlassen, dass die Strafen wie in der Tabelle beschrieben ausfallen – je nach Situation können geringere, oder auch deutlich höhere Strafen auf dich zukommen. Vor allem bei Fällen, in denen mehrere Straftaten zusammenkommen (etwa Nötigung im Straßenverkehr plus Beleidigung) sind die Konsequenzen oft besonders drastisch.
Auch ein Entzug der Fahrerlaubnis ist als Strafe möglich, wird in der Praxis jedoch nur selten angewandt. Nicht mehr vorgesehen sind Punkte in Flensburg: Bis 2014 wurden für Beleidigungen im Straßenverkehr ebenfalls 5 Punkte vergeben.
Was gilt als Beleidigung im Straßenverkehr?
Viele Menschen empfinden es als Erleichterung, ihren Frust in Form von Schimpfwörtern herauszurufen. Wenn du auch zu diesen Personen gehörst, willst du natürlich nicht jedes Mal hohe Geldstrafen zahlen müssen oder sogar ins Gefängnis wandern. Glücklicherweise gibt es einige „erlaubte Beleidigungen”, die unter Umständen straffrei bleiben können.
Wir raten natürlich dringend davon ab, solche Schimpfworte und Sätze leichtfertig zu nutzen. Du kannst nie sicher sein, wie das Gericht entscheidet, wenn es zu einer Anzeige wegen Beleidigung kommt. Folgende „straffreie Beleidigungen” haben Gerichte in der Vergangenheit aber durchgehen lassen:
- Das Amtsgericht Tiergarten entschied, die Aussage „Herr Oberförster, zum Wald geht es da lang!“ gegenüber einem Polizeibeamten sei keine Beleidigung. Hierbei wurde im Urteil sogar besonders auf den Rang Oberförster (statt nur „normaler” Förster) und die Bedeutung des Waldes eingegangen.
- „Sie können mich mal …” bleibt in der Regel straffrei. Hier wird eher dem persönlichen Unmut Luft gemacht, die andere Person jedoch nicht automatisch herabgewürdigt.
- Auch die Aussage “Das ist doch Korinthenkackerei“ bleibt meist ohne Strafe, da hier die Polizeibeamt:in nicht direkt beleidigt wird. Stattdessen bezog sich die Person hierbei auf den Vorgang, in diesem Fall die Vergabe eines Strafzettels für Falschparken.
- Polizeibeamt:innen als “Bulle” zu bezeichnen, kann – je nach Situation – straffrei bleiben, da die Bezeichnung ein umgangssprachliches Synonym ist und die Person nicht zwangsläufig herabwürdigt. Das hat das Landgericht Regensburg in einem Urteil entschieden.
Bei der Frage, welche Beleidigungen straffrei bleiben, müssen Gerichte immer zwischen verschiedenen Aspekten abwägen: Handelt es sich um eine freie Meinungsäußerung? Wird eine Person konkret beleidigt oder bezieht sich eine Aussage auf die jeweilige Situation? Und liegt tatsächlich eine Herabwürdigung vor?
Achtung: Ein:e Polizeibeamt:in „Wegelagerer” zu nennen bleibt nicht, wie teilweise behauptet, straffrei. In einem konkreten Fall wurde die Aussage „Ich halte das für Wegelagerei!“ als zulässige Meinungsäußerung über eine Situation gewertet; eine Person direkt als Wegelagerer zu bezeichnen, könnte jedoch als Beleidigung gelten.
Wie kannst du eine Beleidigung im Straßenverkehr nachweisen?
Im Straßenverkehr kommt es immer wieder zu stressigen Situationen: Ein Auffahrunfall, bei dem es Streit mit dem Unfallgegenüber gibt, Fahrfehler einer anderen Person oder einfach nur Zeitdruck. Da rutscht vielen Verkehrsteilnehmenden die ein oder andere Beleidigung heraus. Sofern dies im eigenen Auto passiert und unser Fahrverhalten nicht negativ beeinflusst, ist das kein Problem.
Gefährlich wird es allerdings, wenn andere unsere beleidigenden Gesten oder fiese Schimpfworte hören oder sehen! Möchtest du umgekehrt eine Beleidigung zur Anzeige bringen, muss die Person zunächst identifiziert werden. Das Nummernschild kann dafür lediglich einen Anhaltspunkt bieten, da es nur die fahrzeughaltende Person nachweist. Idealerweise solltest du diese auch möglichst genau beschreiben können!
Besonders hilfreich sind Zeug:innen, die deine Aussage untermauern. Ohne passenden Beweis verläuft ein Verfahren nämlich meist im Nichts, da die beschuldigte Person die Tat in der Regel leugnet. Auch Videobeweise sind keine generelle Lösung, da sie bei Weitergabe an die Polizei die Datenschutzvorschriften verletzten und so zu Bußgeldern führen können!
Schwierig wird es außerdem, wenn sich zwei oder mehrere Personen gegenseitig beleidigen: Gerichte können hier einen „Mangel an Strafbedürfnis” erklären, sodass beide Parteien ohne Strafe davonkommen. Teilweise werden auch die jeweiligen Beleidigungen gegeneinander aufgerechnet und zählen dann ohne auch ohne Zahlung als abgegolten.
Strafe für Beamtenbeleidigung
Immer wieder hört man die Bezeichnung “Beamtenbeleidigung” für Schimpfwörter und Gesten, die gegenüber Polizeibeamteten genutzt werden. Einen solchen Straftatbestand gibt es allerdings nicht! Auch Polizist:innen sind vor dem Gesetz nur Menschen und eine Beleidigung dementsprechend nach dem gleichen Paragrafen 185 StGB strafbar.
Das Strafmaß ist dabei ebenfalls gleich. Beleidigungen gegen Polizeibeamtete sind jedoch naturgemäß sehr häufig, da sie oft mit wütenden Personen zu tun haben. Außerdem werden solche Fälle fast immer zur Anzeige gebracht und lassen sich durch anwesende Zeug:innen sehr gut belegen. Dadurch erwecken die “Strafen für Beamtenbeleidigung” den Eindruck, besonders drastisch auszufallen – in der Realität entsprechen sie jedoch der üblichen Tabelle der Strafen für Beleidigungen.
Gut zu wissen: Das solltest du bei einem selbstverschuldeten Unfall beachten.
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