E-fuels: Treibstoffe der Zukunft?

Von Linda 12 Oktober, 2023
4 minutes
e fuels

Der Klimawandel schreitet voran, gleichzeitig steigt weltweit die Anzahl von Kraftfahrzeugen. Ein Umdenken in Hinblick auf innovative Antriebsarten ist daher notwendig. Allein, wenn du dir überlegst, wo überall Dieselfahrverbot ist. Natürlich kannst du dich erkundigen, was du über die Nachrüstung von SCR-Systemen für 5-Euro-Diesel wissen musst. Doch selbst mit einer Einhaltung geltender Abgasnormen stoßen Benziner und Diesel Kohlendioxid in die Atmosphäre.

Das hat auch die Politik erkannt und plant die langfristige Umstellung des europäischen Straßenverkehrs hin zur Klimaneutralität. Dabei sind neben Batterie- und Brennstoffzellen auch E-Fuels im Gespräch. Oder besser: Sie sorgen aktuell für heftige Debatten. So heftig, dass das EU-Parlament seine eigene Vorlage zum Aus des Verbrennungsmotors ab 2035 nicht wie geplant ratifiziert hat. Denn Deutschland (unter anderem) wünscht sich eine größere Berücksichtigung von E-Fuels. Die Überprüfung läuft. Wir hingegen haben unsere Recherchen für dich bereits abgeschlossen. Die Ergebnisse findest du zusammengefasst in diesem Artikel. Und dann entscheide selbst, auf wessen Seite du dich schlägst!

Was sind E-Fuels überhaupt?

Beginnen wir damit, was E-Fuels überhaupt sind. Der Begriff hat sich als Kurzform für die englische Vokabel „electrofuels“ etabliert. Das „E“ für „Elektro“ steht hier, anders als bei E-Autos, nicht für Batterieantriebe. Vielmehr handelt es sich um strombasierte synthetische Treibstoffe. Während fossile Kraftstoffe auf endlichen Ressourcen basieren, erfolgt die E-Fuels-Herstellung also auf künstlichem Wege. Der zum späteren Antrieb erforderliche Kohlenstoff entstammt der Atmosphäre, die Wasserstoffproduktion erfolgt unter Rückgriff auf anorganische Bestandteile. Wird die Energie für den notwendigen Elektrolyse-Prozess aus regenerativen Quellen bezogen, können E-Fuels klimaneutral eingesetzt werden.

Alternativ werden die synthetischen Kraftstoffe auch mit „Power-to-Liquid“ (PtL) bezeichnet, der Oberbegriff für den Produktionsprozess lautet „Power to X (PtX)“. Der Grund dafür besteht in den variablen Endprodukten, denn E-Fuels können auch zu Gas oder E-Kerosin gewandelt werden. Das Hauptaugenmerk allerdings liegt auf der Gewinnung von synthetischem Benzin und synthetischem Diesel. Denn diese E-Fuel-Formen ließen sich auch den jeweiligen fossilen Kraftstoffen beimischen und so zur Reduzierung von CO2-Emissionen nutzen. Ob sich ein Diesel oder Benziner eher lohnt,  musst du dich dann nicht mehr fragen!

Hinweis: Verwechsle E-Fuels nicht mit Biokraftstoffen! Zwar gelten beide Treibstoffformen als nachhaltig. Die Biokraftstoff-Produktion allerdings erfolgt aus nachwachsenden Rohstoffen wie Raps oder Palmöl.

E-Fuels: Pro und Kontra

Nicht nur Politiker sind uneins über die Nachhaltigkeit von E-Fuels. Auch Wissenschaftler streiten um Zahlen, Statistiken und ihre Auswertung.

Was sagen Kritiker?

Die Nutzung von Solarstrom und Windkraft zur Produktion synthetischer Kraftstoffe mag zunächst gut klingen. Doch auf den zweiten Blick liegt nach Ansicht der E-Fuel-Gegner genau hier das Problem. Selbst positive Berechnungen ergeben mit maximal einem Fünftel einen äußerst geringen Wirkungsgrad der eingesetzten Energie. Die Differenz von 80 Prozent schwindet auf dem Weg zum Motor. Im Vergleich verhält es sich bei Elektrofahrzeugen genau andersherum: Hier kommen 80 Prozent der Ausgangsenergie beim Batteriebetrieb an. Zwar sei der hohe Effizienzverlust bei einer ausschließlichen Energiegewinnung aus regenerativen Quellen verschmerzbar. Doch derzeit könne überschüssiger grüner Strom kaum die reguläre klimaneutrale Stromversorgung garantieren. Für die E-Fuel-Produktion bliebe dann keine Kapazität. Und ein Zukauf aus sonnenreichen Ländern sei erst bei einem höheren Wirkungsgrad sinnvoll.

Daneben gehen kritische Stimmen von einer notwendigen Wasserstoffverflüssigung zum Betrieb schwerer Lastkraftwagen aus. Auch diese ist nach ihrer Kalkulation energieintensiv. Danach würde die Erzeugung eines Liters E-Diesel aus Kohlen- und Wasserstoff 27 Kilowattstunden Strom erfordern. Mit der identischen Menge des fossilen Treibstoffs könnte ein großer SUV 100 Kilometer zurücklegen. Und dies, obgleich die synthetische Variante zwei Vorzüge aufweist. Ein Vorglühen wie beim Diesel entfiele. Und auch die Zugabe von Additiven wie bei Winterdiesel für eine reibungslose Fortbewegung bei niedrigen Temperaturen nicht erforderlich wäre.

So ist der Einsatz von E-Fuels in den Augen ihrer Kritiker nicht nur ineffizient, sondern auch höchst kostspielig.

Was entgegnen Befürworter?

Für ihre Unterstützer liegen die Pluspunkte synthetischer Kraftstoffe auf der Hand. Mit unbegrenzten Mengen an Wasser und Kohlendioxid bestünde kein Risiko von Ressourcenengpässen wie bei Erdöl. Der Einsatz von E-Fuels erfordere nicht mehr CO2, als diese zuvor aufgenommen haben. Mit einer Ökostrom-betriebenen Elektrolyse punkteten die synthetischen Treibstoffe also mit absoluter Klimaneutralität.

Kritik ernten die E-Fuel-Kritiker auch selbst, die ihre errechneten Zahlen zum Energieverbrauch nur auf Einzelfahrten bezögen. Vielmehr sei eine Betrachtung der gesamten Lieferkette von der Fahrzeugherstellung über den Einsatz bis zum Recycling erforderlich. Danach schnitten E-Fuels ebenso gut ab wie Elektrofahrzeuge. Noch besser wird die Bilanz bei Betrachtung der ineffektiven inländischen Stromerzeugung für die wiederaufladbaren Batterien. E-Fuels hingegen ließen sich mit importiertem Wasserstoff erzeugen – ihr Wirkungsgradverlust fiele damit von 80 auf höchstens 16 Prozent.

Ein drittes Argument führen die Verfechter von E-Fuels mit der möglichen Beimischung synthetischer zu ihren fossilen Treibstoff-Pendants ins Feld. So könnten sämtliche bereits produzierten Flugzeuge, Schiffe und Kraftfahrzeuge künftig ohne Umrüstung auch E-Fuels tanken. Ist es soweit, erkundige dich vorab, was du beim Tanken beachten solltest und wie du dein Auto richtig tankst. Notfalls aber hast du ja uns. Wir sagen dir, was du tun musst, falls du doch falsch getankt hast. Außerdem verraten wir dir mehr über deine Reservetank-Reichweite.

e fuels

Was du sonst noch wissen solltest

Nun weißt du, was E-Fuels sind und weshalb die Diskussion um sie anhält. Doch wir haben noch ein paar weitere Informationen für dich gesammelt.

Wo werden E-Fuels eingesetzt?

Ein Grund der derzeit so komplizierten Bewertung der synthetischen Kraftstoffe liegt in der fehlenden praktischen Anwendung. Bislang wird die innovative Antriebsmethode vorwiegend in Pilotanlagen getestet.

  1. In geringem Umfang erforschen und entwickeln Wissenschaftler der sächsischen TU Bergakademie Freiberg klimaneutrales Kerosin.
  2. Seit 2019 läuft das gemeinschaftliche Kopernikus-Projekt des Karlsruher Instituts für Technologie und baden-württembergischen Energieunternehmens IneraTEC. Mit finanzieller Unterstützung des Bundes produzieren sie im Jahresdurchschnitt 3.500 Tonnen E-Kerosin und E-Diesel – jedoch ausschließlich für Forschungszwecke.
  3. In Texas ist es heiß und windig. So findest du in dem US-amerikanischen Bundesstaat über 15.000 Windturbinen, weitläufige Fotovoltaik-Parks und mehrere E-Fuel-Herstellungsanlagen. Eines der größten Werke beziffert seine Produktionsmenge mit über 750 Millionen Litern jährlich.
  4. Bis 2030 möchte der Osloer Energieanbieter Norsk e-Fuel drei Produktionsanlagen für synthetische Kraftstoffe in Betrieb nehmen. Mit Strom aus Wasser- und Windkraft sollen sie jährlich zusammen rund 250 Millionen Liter E-Fuel erzeugen.
  5. Auch die Autobranche bleibt nicht untätig. Die sportlichen Nachwuchsserien Formel 2 und 3 setzen bereits auf Tankmischungen mit 55 Prozent Biosprit. Die Formel 1 selbst plant ab 2026 mit E-Fuels und eine komplette Klimaneutralität bis 2030.
  6. In Partnerschaft mit zwei Schweizer Energieunternehmen betreibt Audi eine Testanlage zur Herstellung von E-Diesel im Kanton Aargau. Daneben widmet sich die Ingolstädter Automarke in den chemischen Werken Leuna bei Halle/Bitterfeld der E-Fuel-Fertigung.
  7. Gemeinsam mit Siemens sowie internationalen Öl- und Gaskonzernen hat es Porsche nach Chile verschlagen. Der südliche Rand der Anden ist besonders windig und bietet perfekte Voraussetzung für E-Fuel-Produktionen. Entsprechend enthusiastisch zeigt sich der Sportwagenhersteller. Er ist davon überzeugt, dank E-Fuels fossile CO2-Emissionen auf bis zu zehn Prozent reduzieren zu können. Mit verbesserten Infrastrukturen der Produktionswerke soll dann auch der Preis fallen.

Was kostet E-Fuel?

Damit kommen wir zu den Kosten des umstrittenen Treibstoffs. Aktuell würdest du die aufwendigen Herstellungsverfahren und den hohen Strombedarf mitbezahlen müssen. Die Kostenangaben für einen Liter des synthetischen Kraftstoffs schwanken zwischen2-4€. Einig sind sich Experten über eine drastische Senkung des E-Fuel-Preises auf unter einen Euro, sobald die industriellen Großproduktion startet.

Riechen E-Fuels angenehm?

Riecht dein Auto nach Benzin, gibt es dafür eine Ursache – und Lösung. Weitaus weniger Probleme wirst du mit E-Fuels haben. Der synthetische Treibstoff enthält keine Unreinheiten: Der Sprit verbrennt sauber, das Abgas riecht kaum.

Fazit: Sind E-Fuels sinnvoll?

Einen Aspekt haben wir noch nicht beleuchtet. E-Fuels entstehen aus Wasserstoff, der wiederum aus regenerativen Energien erzeugt wird. Brennstoffzellenautos fahren gleich mit Wasserstoff. Sind E-Fuels am Ende sinnlos? Nein. Denn Wasserstoff lässt sich einfach speichern, aber nur schwer befördern. E-Fuels hingegen können bestehende Distributionsstrukturen und Tankstellen nutzen. Du musst deinen Wagen dank der Kompatibilität fossiler und erneuerbarer Ressourcen nicht gegen ein neues Modell tauschen. Die Warnung, spritsparend zu fahren, würde dann bald der Vergangenheit angehören.

Bildnachweise:
Header: ©AdobeStock_585841853 ; art_stock_creative
Bild 1: ©AdobeStock_589145432 ; storyteller

background image

Aktuelle Updates erhalten

    Table of contents

      Lesen Sie auch