Neuwert: Definition & Erklärung im Versicherungsrecht

By Julia Schäfer May 23, 2023
4 minutes

Geht bei dir zu Hause der Computer durch einen Wasserschaden kaputt, steht die Hausratversicherung dafür gerade. Die Frage ist nur: In welcher Höhe werden die Kosten übernommen? Hier kommen die Begriffe „Zeitwert“ und „Neuwert“ ins Spiel. In unserem Ratgeber beantworten wir dir alle Fragen zu diesem wichtigen Versicherungsthema.

Hier erklären wir den Unterschied zwischen Hausrat- und Gegenstandsversicherung 

Zeitwert oder Neuwert: Was zahlt die Versicherung?

Versicherungstechnisch werden Neuwert, Zeitwert und Wiederbeschaffungswert unterschieden. Doch um die Begriffe auseinanderzuhalten, muss man zunächst den Paragraf 88 des Versicherungsvertragsgesetzes (VVG) zu Rate ziehen.

Darin heißt es: 

„Soweit nichts anderes vereinbart ist, gilt als Versicherungswert, wenn sich die Versicherung auf eine Sache oder einen Inbegriff von Sachen bezieht, der Betrag, den der Versicherungsnehmer zur Zeit des Eintrittes des Versicherungsfalles für die Wiederbeschaffung oder Wiederherstellung der versicherten Sache in neuwertigem Zustand unter Abzug des sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergebenden Minderwertes aufzuwenden hat.“

Dieser Versicherungswert ist also aus Sicht der Versicherer ein reiner Zeitwert. In den Verträgen zu Sachversicherungen wie der Hausratversicherung, Gebäudeversicherung oder auch Haftpflichtversicherung kann dieser Begriff aber auch anders vereinbart werden. Und zwar in Form des Neuwertes oder Wiederbeschaffungswertes.

Im Einzelnen bedeutet das:

  • Neuwert bezeichnet den Betrag, der aufgebracht werden muss, um einen identischen neuen Gegenstand zu erwerben oder herzustellen. Dabei ist es egal, wie viel der Gegenstand ursprünglich gekostet hat. Der Ersatz muss nur die gleiche Art, Güte und Funktion Somit handelt es sich um eine Entschädigung zum Neuwert.

Ein Beispiel für eine solche Neuwertversicherung ist die Hausratversicherung. Tritt ein Schaden beispielsweise durch Beschädigung, Zerstörung oder Diebstahl eines versicherten Gegenstandes im Hausrat ein, wird generell der Neuwert erstattet.

Bei technischen Produkten wie einem Fernseher, Smartphone oder Computer kann der erstattete Neuwert vom ursprünglichen Kaufpreis abweichen.

Hat zum Beispiel dein Computer vor fünf Jahren noch 2.000 Euro gekostet und war damals auf dem neuesten Stand der Technik, so gilt er inzwischen als veraltet. Ein vergleichbares Gerät kostet heute vielleicht 1.000 Euro. In diesem Fall ist die Hausratversicherung nur verpflichtet, genau diesen Betrag auch zu ersetzen.

Der ursprüngliche Kaufpreis kann auch bei anderen Objekten nicht als Berechnungsgrundlage dienen. Kunstwerke oder Antiquitäten beispielsweise haben nach einigen Jahren wahrscheinlich einen wesentlich höheren Wert als zur Zeit des Kaufes. Wird eine solche Rarität beschädigt oder geht verloren, leistet die Versicherung eine Entschädigung für die Wiederbeschaffung gleichwertiger Objekte.

  • Zeitwert bezieht sich auf den Wert, den eine beschädigte oder gestohlene Sache nach einer gewissen Nutzungsdauer noch hat. Dieser Wert wird häufig bei der Schadensregulierung in der Privathaftpflichtversicherung und der Kfz-Versicherung herangezogen.

Dank der Auszahlung des Zeitwerts kannst du einen angemessenen Ersatz für das beschädigte oder zerstörte Objekt erhalten. Für Versicherungsgesellschaften ist es allerdings oftmals umständlich, den Wertverlust und somit den Zeitwert für jeden individuellen Fall präzise zu ermitteln.

Willst du den  Zeitwert eines Gegenstandes ermitteln, musst du zunächst den Neuwert ermitteln. Hier hilft es, Kaufbelege gut aufzubewahren. Vom Neuwert wird eine bestimmte Summe für Alter, Gebrauch und Abnutzung abgezogen. Das bezeichnet man als Wertminderung.

Die Differenz ergibt den Zeitwert, der den Wert der versicherten Sache zum Zeitpunkt des Schadens darstellt.

Versicherungen legen die Höhe des Wertverlustes je nach Sparte durch prozentuale Pauschalabzüge fest. Es wird also je nach Alter und weiteren Faktoren ein spezifischer prozentualer Wertverlust angenommen.

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  • Wiederbeschaffungswert wird als Versicherungs-Begriff unterschiedlich angewendet. Bei der Hausratversicherung zum Beispiel ist er meist gleich dem Neuwert.

Anders sieht es bei der Kfz-Versicherung aus. Bei der Schadensabwicklung spielt der Wiederbeschaffungswert hier eine zentrale Rolle.

Insbesondere bei gebrauchten Fahrzeugen ist die Ermittlung meist ziemlich kompliziert. Allein schon aufgrund der Tatsache, dass es regionale Unterschiede bei den Preisen gibt. Aber auch die Ausstattung des Gebrauchtwagens, der Kilometerstand oder der allgemeine Zustand machen einen Vergleich schwierig.

Einfach nur den reinen Zeitwert als Schadensregulierung auszuzahlen, wäre hier ziemlich unfair. Denn dieser entspricht ja dem möglichen Verkaufswert des Fahrzeugs vor dem Schadenseintritt.

Beim Wiederbeschaffungswert hingegen werden auch die Anschaffungskosten der beschädigten oder verlorenenen Sache berücksichtigt. In der Regel fällt er daher etwas höher aus.

Was versteht man unter einer Abgrenzung?

Wie oben schon erwähnt, gilt laut § 88 VVG der Zeitwert in der Regel als automatisch vereinbart.

Die Versicherungsunternehmen grenzen den Neuwert nämlich vom Zeitwert, dem gemeinen Wert und dem Wiederbeschaffungswert ab. Das heißt, dass beim echten Neuwert kein Abzug stattfindet, der sich aus dem Unterschied zwischen alt und neu ergibt. Willst du also eine echte Neuwertversicherung haben, muss das mit deiner Police eindeutig dokumentiert sein.

Ausnahmefall gleitender Neuwert

Besitzt du eine Immobilie, kannst du dich normalerweise glücklich schätzen, denn gerade in den vergangenen Jahren ist der Wert von Häusern zum Teil rasant angestiegen.

Hast du vor Jahren eine Gebäudeversicherung abgeschlossen, entspricht die damals vereinbarte Versicherungssumme natürlich nicht mehr dem tatsächlichen Wert des Gebäudes. Das heißt, dass dir im Grunde genommen eine Unterversicherung droht.

Damit dir das nicht passiert, gibt es den gleitenden Neuwert. Dieser wird in der Regel zwischen dir und dem Versicherer von vornherein vereinbart.

Dieser passt sich automatisch jedes Jahr an. Als Maßstab für die Berechnung wird hierbei der Baupreisindex des Statistischen Bundesamts herangezogen.

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