Anfechtung eines Vertrags: Gründe, Fristen, Voraussetzungen

Von Erik Lehnert 25 September, 2023
8 Minuten
Vertrag Anfechten

Es gibt Gelegenheiten, bei denen du dich von einem Vertrag lösen möchtest. Das kannst du je nach Konditionen beispielsweise durch eine Anfechtung tun. In diesem Artikel erfährst du alles Wissenswerte zu den möglichen Gründen und Voraussetzungen. Außerdem zeigen wir dir, welche Fristen es bei einer Anfechtung einzuhalten gibt.

Was ist eine Anfechtung?

In der Fachsprache nennt man die Anfechtung auch „rechtsvernichtende Einwendung“. Mit einer Anfechtung erklärst du einen ursprünglich wirksamen Vertrag für nichtig. Hierbei kann es sich zum Beispiel um einen Kaufvertrag handeln. Wenn eine Anfechtung erfolgreich war, müssen beide Parteien den Vertrag so behandeln, als wäre er nie zustande gekommen.

Voraussetzungen

Damit du einen Vertrag anfechten kannst, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Vor allem muss ein Grund für die Anfechtung vorliegen. Die Anfechtung musst du innerhalb einer bestimmten Frist vornehmen. Darüber hinaus darf kein Ausschlussgrund vorliegen.

Gründe für eine Anfechtung

Bevor du einen Vertrag anfechten kannst, musst du als Erstes prüfen, welcher rechtskräftige Grund vorliegen könnte. Die verschiedenen Anfechtungsgründe werden im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Du findest die Informationen in den Paragrafen 119, 120 und 123. Für die Anfechtung muss einer dieser Gründe vorliegen:

  • Irrtum
  • unrichtige Übermittlung
  • arglistige Täuschung
  • widerrechtliche Drohung

Ein Irrtum ist nicht immer leicht nachzuweisen. Auch Juristen und Juristinnen sind sich bei diesem Anfechtungsgrund oft nicht einig. Unter den möglichen Irrtümern gibt mehrere Varianten: Inhaltsirrtümer, Erklärungsirrtümer, Motivirrtümer und Berechnungs- oder Kalkulationsirrtümer.

Inhaltsirrtum

Ein Inhaltsirrtum liegt vor, wenn du bewusst und gewollt einen Vertrag schließt. In diesem Fall bist weißt du aber nicht genau, welche Bedeutung deine Willenserklärung genau hat. Ein Beispiel dafür kann der folgende Fall sein: Du bestellst ein Essen mit den Informationen eines Werbezettels. Auf diesem Zettel ist aber ein falscher Preis für die Speise angegeben. Wenn du bei deiner Bestellung den Preis nicht nennst, wird das Lokal aber von den Listenpreisen ausgehen. Auch ein falsches Verständnis von Fachwörtern kann zu dieser Art von Irrtum führen.

Erklärungsirrtum

Der Erklärungsirrtum ist einfacher zu verstehen. In diesem Fall versprichst, vergreifst oder verschreibst du dich. Ein Beispiel dafür kann schon ein einfacher Zahlendreher in einem Vertrag sein.

Motivirrtum

Ein Motivirrtum ist wie der Inhaltsirrtum etwas komplizierter. In den meisten Fällen ist er kein Anfechtungsgrund. Ein Motivirrtum liegt zum Beispiel vor, wenn ein oder eine Juwelier:in ein altes Schmuckstück falsch eingeschätzt hat und es dir daraufhin sehr günstig verkauft hat. Als Anfechtungsgrund eignet sich ein Motivirrtum nur in ganz bestimmten Fällen. Dafür musst du dich bei der Abgabe deiner Erklärung über eine verkehrswesentliche Eigenschaft irren. Diese betrifft die Person oder die Sache, auf die sich der Vertrag bezieht. Dazu gehört zum Beispiel die Echtheit von Kunstwerken oder die Herkunft einer Sache. Diese Eigenschaften müssen zum Wert des Gegenstands beitragen. Der Wert selbst ist dagegen keine Eigenschaft, die berücksichtigt werden muss.

Ein Beispiel hierfür wäre, wenn sich die Schmuckhändler:innen beispielsweise im Material des Rings geirrt hätte. Wenn er oder sie zum Beispiel einen Goldring für einen Messingring gehalten hätte. Ein anderes Beispiel ist der Verkauf eines Kunstwerkes von einer oder einem eher unbekannten Künstler:in. Diese Person trägt jedoch den Namen der oder des berühmten Künstler:ins. Deren Werke sind wiederum sehr viel Geld wert. Ist der oder dem Käufer:in nicht klar, dass es zwei Personen mit dem gleichen Namen gibt, liegt ein erheblicher Eigenschaftsirrtum vor.

Berechnungs- oder Kalkulationsirrtum

Ein Berechnungs- oder Kalkulationsirrtum gilt auch als Motivirrtum. In den meisten Fällen ist ein solcher Irrtum nicht anfechtbar. Auch hier gibt es allerdings Ausnahmen. Die Berechnung muss beiden Parteien vorliegen und auch während der Vertragsverhandlung diskutiert worden sein. Als Beispiel könnten Handwerker:innen einen Vertrag über das Streichen von Fenstern geschlossen haben. Er oder sie berechnet einen bestimmten Preis für jedes Fenster. Beim Zusammenrechnen kommt es zu einem Fehler. Du kannst so einen Vertrag anfechten, wenn diese Rechnung auch im Vertrag auftaucht. Wenn der Vertrag dagegen nur den Endpreis enthält, kannst du ihn nicht anfechten. In diesem Fall sollte die Berechnung auch im Vorfeld nicht besprochen worden sein.

Falsche Übermittlung

Neben den Irrtümern ist die falsche Übermittlung ein weiterer Anfechtungsgrund. Dieser liegt vor, wenn du deine Willenserklärung von einer dritten Person überbringen lässt. Diese übermittelt die Willenserklärung unbewusst falsch. Dadurch kann es zum Beispiel zu einer falschen Menge bei einer Bestellung kommen. Dann kannst du diese Bestellung anfechten. Du musst aber beweisen, dass du diese Erklärung so nie abgegeben hättest.

Abschlusskosten

Arglistige Täuschung

Bei einer solchen Täuschung handelt es sich oft um Betrugsdelikte, die auch strafrechtlich bedeutsam sein können. Die Täuschung muss vorsätzlich sein und dem Zweck dienen, einen Irrtum zu erzeugen oder aufrecht zu halten. Dabei müssen Vertragspartner:innen die Unrichtigkeit der Angaben bekannt sein. Oder er muss es zumindest für möglich halten, dass die Angaben nicht stimmen. Die Schwierigkeit bei der Anfechtung aus diesem Grund liegt aber darin, dass du die Arglist beweisen musst. Als Beispiel kann der Verkauf eines angeblich unfallfreien Gebrauchtwagens dienen. Stellt sich im Nachhinein heraus, dass der oder die Verkäufer:in von dem Unfall wusste, ist das eine Täuschung.

Widerrechtliche Drohung

Die widerrechtliche Drohung ist der letzte der möglichen Anfechtungsgründe. Dabei stellt dir die andere Vertragspartei ein künftiges Übel in Aussicht, wenn du den Vertrag nicht eingehst. Damit gerätst du in eine Zwangslage. Die Drohung kann jeden möglichen Nachteil für dich beinhalten. Auch diese Drohung musst du bei einer Anfechtung nachweisen.

Fristen

Die Fristen für eine Anfechtung unterscheiden sich, je nachdem welcher Grund vorliegt. Wenn du von einer falschen Übermittlung oder von einem Irrtum erfährst, musst du unverzüglich handeln. Dann musst du deine Anfechtung so schnell wie möglich anbringen. Die Regelung dazu findest du im Paragrafen 121 des Bürgerlichen Gesetzbuchs.

Anders ist es, wenn es sich um einen Fall von arglistiger Täuschung oder widerrechtlicher Drohung handelt. Dann musst du deine Anfechtung innerhalb eines Jahres erklären. Diese Frist beginnt bei der arglistigen Täuschung, sobald du von ihr erfahren hast. Anders ist es bei der Drohung. Die Frist beginnt in diesem Fall erst dann, wenn die Zwangslage beendet ist.

Die Erklärung der Anfechtung ist einfach. Du musst sie gegenüber der anderen Vertragsparte aussprechen. Dabei reicht es, wenn du sagst, dass du nicht mehr an der ursprünglichen Erklärung festhalten möchtest. Du musst dabei nicht das Wort „Anfechtung“ verwenden.

Wann sind Anfechtungen ausgeschlossen?

Eine Anfechtung kann unter bestimmten Umständen unzulässig sein. Das ist beispielsweise dann der Fall, wenn du das anfechtbare Geschäft bereits bestätigt hast. Das heißt, dass du trotz des Anfechtungsgrunds an dem Vertrag festhalten möchtest und dies auch ausgesprochen hast. Diese Bestätigung muss innerhalb der Anfechtungsfrist und vor der Anfechtung erfolgen. Streng genommen kann auch dein Verhalten das Geschäft bestätigen. Dabei muss das Verhalten eindeutig zeigen, dass du an dem Vertrag festhalten willst.

Weitere Informationen zum Abschließen und Kündigen von (Versicherungs-) Verträgen findest du auf unseren Seiten:

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